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Title Fluch der zwei Schwestern, Der
Originaltitle: Janghwa, Hongryeon
Regie: Kim Jee-Woon
Darsteller: Kap-su Kim, Jung-ah Yum, Su-jeong Lim
Erscheinungsjahr: 2003
Land: Südkorea
Stichwort: Epilepsie, epileptischer Anfall, Anfälle, Literaturverfilmung, Psychose, Paranoia, Panikattacke,Psychiatrie, Anstalt, Eltern
Release: 13.06.2003

Handlung
Su-mi, ein Mädchen in der Pubertät, wird von ihrem zum zweiten mal verheirateten Vater dem Arzt Bae Moo-hyeon aus der Psychiatrie heimgeholt. Sie hat wegen Wahnvorstellungen eine Zeit in der Psychiatrie zugebracht. Diese wurden durch den Tod der Mutter und ihrer Schwester Su-yeon ausgelöst, für den sich Su-mi mitschuldig fühlt. Das Familienleben gerät durch ihre fortlaufenden Wahnvorstellungen und heftige Anklagen gegen den angeblich ahnungslosen Vater und die vorgeblich grausame Stiefmutter Eun-joo völlig aus dem Gleis. Su-mi musss zurück in die Psychiatrie.



Weitere Info
aka A tale of two sisters

Aufgenommen in die Epilepsie-Filmographie von Kerson, Toba et al.: Implacable Images: Why Epileptiform Events Continue to be Featured in Film and Television, http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16793571
http://www.john-libbey-eurotext.fr/en/revues/medecine/epd/e-docs/00/04/1B/94/article.md

Während des Besuchs von Su-mis Onkels und dessen Ehefrau, verfällt diese in Krämpfe. Als sie wieder zu sich kommt, behauptet sie im Anfall ein Mädchen unter der Spüle gesehen zu haben.

"A woman appears to be choking, she flops onto the floor, she thrashes, gags and convulses; medicine is administered to her and she vomits (we see goo) and another woman screams." aus der Filmbeschreibung: http://www.kids-in-mind.com/t/taleoftwosisters.htm


Die Handlung des Films basiert lose auf der koreanischen Fabel "Janghwa Heungryeonjeon", die zuvor schon fünfmal verfilmt wurde. Regisseur Jee-Won versetzt die Legende von zwei ertränkten Kindern, die nach dem Tod wieder im Dorf auftauchen, damit ihre Mörderin, die Stiefmutter, überführt und bestraft werden kann, in moderen Zeiten. Eine siebte in Hollywood gedrehte Version aber werde er ablehnen, sagt der Regisseur im Interview (siehe DVD / Extra)

Fortsetzunge(n) / Remake(s):

Jang-hwa and Hong-ryeon (1924)

The Story of Jang-hwa and Heung-ryeon (1956)

The Great Story of Jang-hwa and Hong-ryeon (1962)

Jang-Hwa and Hong-Ryeon: A Story of Two Sisters (1972)

A Tale of Two Sisters (2003)

siehe auch Der Fluch der zwei Schwestern aka The Uninvited (USA, 2009


„Es war einmal ein Vater, der zwei Töchter hatte, Rose und Lotus. Jedoch verstarb die Mutter kurz nach der Geburt. Er trauerte sehr um sie und war deshalb für mehrere Jahre nicht in der Lage, erneut zu heiraten. Die Mädchen wuchsen deswegen ohne Mutter auf. Plötzlich sah er jedoch ein, dass die Töchter eine Mutter brauchen. Der Vater heiratete daraufhin eine Frau mit Sohn. Dennoch war er unglücklich und konnte seiner Frau nicht genügend Aufmerksamkeit widmen. Geschichten über seine verstorbene Gattin machten seine Frau sehr eifersüchtig und diese entschloss sich, die Mädchen loszuwerden.
Eines Nachts fing sie eine Ratte, häutete sie und legte sie in das Bett von Rose. Am nächsten Morgen erklärte sie das Mädchen für nicht zurechnungsfähig. Der Vater schickte das Mädchen in Begleitung der Stiefmutter zu Verwandten, um einen Skandal zu vermeiden. Als beide weit genug vom Haus entfernt waren, wurde sie zornig über Roses angebliches Fehlverhalten und drohte ihr damit, sie zu töten. Rose warf sich daraufhin selbst in den Fluss und ertrank.
In dieser Nacht träumte Lotus von Rose, die im Traum als Geist erschien um sie vor der Stiefmutter zu warnen. Als Lotus ihre Stiefmutter frage, was passiert sei, antwortete diese, dass Rose Schande über die Familie gebracht und sich selbst ertränkt hat. Lotus fand den Fluss und sah darin den Geist ihrer Schwester. Sie wurde daraufhin so aufgebracht, dass sie beschloss, sich ihrem Schicksal hinzugeben und sich ebenfalls zu ertränken.
Einige Zeit später bekam die Provinz, in der die Familie lebte, einen neuen Gouverneur. Er erfuhr, dass alle vorigen Gouverneure gestorben seien, als zwei Geister über sie kamen. Er jedoch hatte keine Angst. Eines Nachts wachte er auf und sah die beiden Schwestern, aber anstatt den Verstand zu verlieren und zu sterben wie seine Vorgänger, sprach er zu ihnen. Die Schwestern offenbarten ihm die Wahrheit und er besuchte am nächsten Morgen die Eltern der Mädchen. Die Stiefmutter zeigte ihm die tote Ratte, aber er erkannte nicht, was wirklich vor sich gegangen war und ließ die Eltern gehen.
Nachts drauf kamen die Mädchen wieder zum Gouverneur und sagten ihm, er solle genauer hinsehen. Das tat er am nächsten Morgen und erkannte die Lügen der Stiefmutter. Er ließ die Stiefmutter und ihren Sohn umbringen und ließ den Vater frei.
Der Vater fand den Fluss und sah die Mädchen mit dem Kopf nach oben im Wasser treiben. Sie sahen aus als ob sie schliefen und nicht tot wären. Er begrub sie und trauerte um sie und seine eigene Naivität. Einige Jahre später heiratete er eine sehr nette Frau. Eines Nachts träumte er von den Töchtern, die ihm erzählen, dass sie wiederkommen werden. Am Morgen darauf brachte seine dritte Frau ihm zwei Blumen, eine Rose und einen Lotus. Neun Monate später gebar sie zwei Mädchen, die genau so aussahen wie die toten Schwestern. Die beiden Mädchen wurden ebenfalls Rose und Lotus genannt und alle lebten daraufhin glücklich.“ (Wikipedia)


Ein epileptischer Anfall zwischen Realität und Wahn

Der Film konfrontiert den Zuschauer von Anfang an mit einem Gemisch aus Wahn und Wirklichkeit, dessen dieser aber kaum gewahr wird. Su-mi wird in einer Heilanstalt von einem Arzt befragt. Sie bleibt stumm. Der Vater und seine Tochter Su-mi treffen im Haus ein. Aus dem Wagen steigen zwei Mädchen, Su-mi und Su-yeon, die in Wirklichkeit schon seit einiger Zeit tot ist.
Der Filmanfang suggeriert, dass Su-mi, die Ältere, sich um die jüngere Schwester kümmert. Unklar bleibt fast die ganze Zeit über, was es mit dem Schrank auf sich hat, den Su-mi nicht zu erwähnen versprochen hat. Der Zuschauer ahnt bestenfalls, dass sie wieder aus dem Haus gewiesen wird, wenn sie sich nicht an ihr Versprechen hält. In Verkehrung der Tatsachen glaubt er allerdings, dass dies zur Strafe geschehen könnte und nicht als Folge der wieder auftretenden Obsessionen des Mädchens.
Erst als der Vater herausschreit, dass Su-yeon schon lange tot ist, wird das Traumgespinst erkennbar. Und doch zerreisst es für den Zuschauer nichtmal dann vollständig, wenn Su-mi zurückgekehrt ist in die Psychiatrie. Die lineare koreanische Überlieferung von den zwei geschwisterlichen Rachegeistern löst sich in der modernen Version zu einer halluzinatorischen Geschichte über eine Familie auf, in der jeder jedem etwas vorzumachen und vorzuwerfen hat.
Auf dem Höhepunkt der allgemeinen Verwirrung lädt Eun-joo ihren Bruder und seine Frau ein. Sie will damit ganz offensichtlich Ruhe und Regel in die Familienangelegenheiten bringen. Die beiden Mädchen weigern sich, daran teilzunehmen. Bald ereignet sich Unglaubliches. Die Stiefmutter Eun-joo hat gerade mit aufgesetzter Heiterkeit eine wenig heitere Episode aus dem Familienleben erzählt. „You started to drown and everyone had a fit.“
Bruder und Schwägerin aber erinnern sich nicht daran. Dem Zuschauer könnte der Verdacht kommen, dass sie dies absichtlich tun. Dass die gesamte Szene ein Alptraum sein könnte, dieser Verdacht kommt ihm nicht.
Bald darauf sprengt ein dramatischer Anfall der Schwägerin endgültig die künstliche aufrecht erhaltene Familienidylle. Er läuft nach den Regeln des Films, der alle Ebenen misht, als realer Unfall, als schreckendes Ereignis aus einer verdrängten Wirklichkeit und als Innensicht eines halluzinierenden Hirns ab.
In der realen Dimension lässt sich der Anfall der Schwägerin als epileptogen beschreiben. Dass es sich um einen epileptischen Anfall handelt, wird nicht gesagt. Die junge Frau scheint zunächst einen Anfall von Atemnot zu erleiden. Sie stürzt zu Boden und beginnt wild um sich zu schlagen. Sie scheint sich gegen den Versuch des Ehemannes zu wehren, sie festzuhalten. Ihre von Schreien begleiteten Zuckungen gehen in rhythmische Bewegungen über, die als „klonisch“ angesehen werden könnten. Sie werden heftiger. Eine eindeutig tonische Phase, welche in der Regel zunächst beim tonisch-klonischen Anfall, dem „Grand-mal Anfall“, abläuft, lässt sich nicht erkennen.
Auch das völlige Aussetzen des Bewusstseins scheint zu fehlen. Der Anfall steuert unter immer wilder werdenden Deformierungen des Körpers auf das Erbrechen einer weissen Masse zu, das dem „erwarteten“ Schaum vor dem Mund nachgebildet ist. Der Anfall endet relativ abrupt, ohne dass ein wirkliches Erschlaffen, Bewusstloswerden oder eine Art „Nachschlaf“ gezeigt würden. Die junge Frau wirkt, als das Ehepaar abfährt, äusserst mitgenommen.
Vater, Stiefmutter und ihr Bruder wohnen dem Anfallgeschehen in Angst, Schrecken und hilfloser Panik bei. Die Versuche des Ehemanns, seiner Frau ein Medikament in Pillenform zu verabreichen scheitern zunächst, obwohl „der Vater“ allerdings ungelenk dabei zu helfen sucht. Diese „Erste Hilfe“ von Verwandten hat durchaus ihre reale Seite. Ein Notfallmittel könnte rectal verabreicht einen eventuell langdauernden Anfall oder gar einen status epilepticus durchbrechen. Oral gegebene Medikamente sind dazu nicht geeignet. Es gelingt in der Tat auch erst nicht. Die aus ersichtlichen Gründe oraler Medikation hat allerdings im Spielfilm eine gefestigte Tradition (siehe noch jüngst in dem ansonsten „epileptologisch durchaus akzeptable Spielfilm „Das Wolfsjahr, Finnland, 2007“, der dem Schicksal einer epilepsiekranken Studentin gewidmet ist.) Insgesamt stellt die Episode eine hyperreale, überdramatisierte Schreckensinszenierung dar, in der sich den Zuschauer ängstigend die Betroffene und die Mitwirkenden gegenseitig in Panik hochsteigern.
Und schliesslich begründet das äussere Geschehen eine halluzinatorische Innensicht. Die vom Anfall Betroffene sieht unter dem Spühltisch eine Gestalt, die auch andere Filmszenen schon schreckhaft belebt hat. Die Stiefmutter, die vor der Spühle steht, die Gestalt also nicht sehen kann, verfällt in einen Schreikrampf, als habe sie das Gleiche gesehen. Ob hier die filmische Optik wechselt und der Zuschauer zu sehen bekommt, was die Betroffene allein sieht, bleibt offen. Er sieht es auch erst in einem sekundenlangen flash back, als die junge Frau ihrem Mann, das Schreckliche im Auto berichtet.
Er wird dann allerdings in dieser Vision bestätigt, weil die Stiefmutter nach der Abreise ihrer Verwandten unter den Spühltisch blickt und von einer darunter hervorschiessenden Hand festgehalten wird. Gegenüber ihrem abwiegelnden Mann erklärt sie allerdings nur, dass seltsame Dinge im Haus vorgehen, seitdem Su-mi zurückgekehrt ist.
Die erzählerischen Notwendigkeiten haben diese durchaus zentrale medizinische Episode geprägt. Ganz offensichtlich wollen die Autoren den Schrecken eines in allen Phasen ausgestalteten Grand-mal Anfalls evozieren. Hierfür reicht es an sich, einen allgemein erahnten, wenn auch nicht wirklich erfahrenen Ausschnitt der Realität zu zitieren. Verschiedene weitere Anforderungen machen aber aus dem realen Geschehen eines epileptischen Anfalls eine Inszenierung, in denen Schreckensmomente und Halluzinationen die Realität verzerren. Was als epileptischer Anfall einsetzt, wird zur einer Episode, in der sich das sonstige Verhalten der Protagonisten bricht. Mythisches Überhöhen der Realität, wie sie das Leitsymptom der „heiligen Krankheit“ suggeriert, bildet die Basis für den Einbruch der Horrorerzählung. Die Psychose präsentiert sich dem Filmzuschauer übergangslos in einer Traumsequenz.
(stefan heiner)


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