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Title Avatar
Originaltitle: Avatar
Regie: James Cameron
Darsteller: Sam Worthington, Zoe Saldana, Sigourney Weaver, Stephen Lang, Michelle Rodriguez
Erscheinungsjahr: 2009
Land: USA
Stichwort: Rollstuhl, Querschnittslähmung, Parese, Veteran
Release: 10.12.2009

Handlung
44 Lichtjahre von der Erde entfernt: Von einer militärischen Basis aus erforschen Menschen mittels "Avataren" den Planet Pandora, der für sie unzugänglich ist. Es handelt sich dabei um Kunstfiguren, die den Planetenbewohnern, den Na'vi, nachgebildet, aber menschlich gesteuert sind. Einen der Avatare steuert der Marinesoldat Jake Sully, der auf den Rollstuhl angewiesen ist. Die Erkundung gilt eigentlich der Rohstoffausbeutung. Die Na’vi, wehren sich dagegen. Jake wird zuletzt einer von ihnen und führt ihre Revolte nach schweren Verlusten zum Sieg.



Weitere Info
Die "Visionen" von "Avatar" können vergleichbaren filmischen Auseinandersetzungen mit dem Thema „Eingeborene“ inhaltlich kaum das Wasser reichen. Gegenüber „Soldier Blue“ (Das Wiegenlied vom Totschlag, 1970), „Mission“ (1986), „Der mit dem Wolf tanzt“ (1990), , „The new World“ (2006) etc. bringt er nicht nur nichts Neues. Ihm gelingt nicht einmal die gleiche Uminterpretation des Klischees von den bösen bzw. naiven Indianern, die dem Fortschritt erliegen. Dafür kommt er zu spät - und bekommt natürlich auch noch Beifall von der "falschen" Seite. Die Na’vi, Eingeborene von „Pandorar“, bleiben ohne rechten Bezug zur Historie und sind darum bestenfalls "blassblau".
„Avatar“ setzt im Grund nicht wirklich auf die Kritik am "Fortschritt" sondern auf das Staunen über den Fortschritt der Filmtechnik. Diese bringt - wegweisen vermutlich - erfolgreich Darsteller und Kunstfiguren zusammen.
Nicht ohne Interesse ist der von den Filmautoren im Rollstuhl präsentierte Helden. Der Rollstuhl, der ihn nicht behindert, hat immer neue und jedes Mal wichtige Funktion.

1) Er macht Jake von Anfang an zum Aussenseiter ohne Alternative auf der Forschungs- und Kampfstation. Jakes Bruder ist gestorben. Sein Avatar müsste in die Rumpelkammer, da er nur vom gleichen „Genom“ (was immer das konkret sein mag) gesteuert werden kann. Jake ist Marinesoldat, aber kein aktiver mehr, sondern ein Veteran. Bei einem Einsatz wurde er verwundet und querschnittsgelähmt. Er kann den Bruder ersetzen, ist Marine, aber „gebrochen“, eine Ausnahme, aber eine heldenhafte. Ob er – mit dem Rollstuhl geschlagen böse wie Kubricks Dr. Seltsam (Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben, 1964) oder gut wie Luke Martin aus „Coming home - Sie kommen heim“ (1977) sein wird – ist noch nicht ausgemacht.
Ohne den „Rollstuhl“ müsste der Film das „Alternative“ von Jake erst noch entwickeln. Er müsste psychologisch herausarbeiten, warum Jake den bösen Marines zugehörig ist, aber eigentlich auch wieder zu den guten Wissenschaftlern tendiert. Dafür – wie für viele andere weniger spektakuläre aber psychologisch einsichtigere Befunde - nimmt sich der Film keine Zeit. Er spart sich kostbare Filmzeit mit dem Icon „Rollstuhl“.

2) Jake erlebt als Querschnittgelähmter seine Avatar-Aufgabe ganz anders als alle seine Kollegen. Dies wird von den ersten Bildern an evident. Auf der Basis ist er seines Rollstuhls wegen überall das Schlusslicht. Er ist unbeholfen. Er muss darauf bestehen, dass er sich autonom bewegen kann. Man traut es ihm nicht zu. Als Avatar ist der "Krüppel" wunderbarerweise keiner mehr. Während ihn alle zur Vorsicht mahnen, legt er in seinem Avatar sofort los, ist er sogleich „Eingeborener“. Er lernt blitzschnell seinen Avatar zu lenken. Er wird bald ebenso blitzschnell lernen, ein Eingeborener zu sein. Er wird angenommen, ja sogleich heimlich geliebt. Jake ist im Reich der Na’vi neugeboren, erst wieder Mensch. Er ist, was er ist, eben nur als Pseudo-Na’vi. Sein neues Leben nimmt rauschhafte Züge an. Hier erlangt er zurück, was ihm unter den Menschen verloren gegangen ist. Kein Wunder, dass er sich später ganz auf die Seite der „Eingeborenen“ schlägt, sogar einer von ihnen werden kann.
3) Jake wird als Avatar eine Kampfmaschine, vermutlich das, was er als Marine einmal war. Er setzt sich sofort gegen die Gefahren "Pandoras" durch – nur ein wenig muss seine spätere Geliebte nachhelfen. Er wird bis zu seiner endgültigen Verwandlung pendeln müssen zwischen dem Behinderten und dem Superman. Wie Superman hat Jake zwei „Existenzen“ – die übermächtige des Mannes von einem anderen Stern und die des linkischen Reporters Kent. „Avatar“ schenkt sich die komplizierte Biographie von Supermann: der Rollstuhl einerseits, Jake in Gestalt des Avatar andererseits erklären den Rollentausch.

4) Jake trägt aber auch alle Charakteristiken des "Superkrüppels", der trotz Behinderung den Erfolg erzwingt. Auf den Rollstuhl angewiesen entwickelt er die höhere Intelligenz und die höhere Moral. Als Kopf- und Willensmensch ersetzt er die gestörten körperlichen Funktionen durch besondere Verstandesschärfe. Er ähnelt den blessierten Helden in den beiden Versionen von „Rear Window“ ebenso wie dem behinderten Serien-Anwalt Perry Mason oder dem weisen Chefarzt im Rollstuhl (Dr. Kildare).

4) Seine Kriegsverletzung macht Jake aber auch erpressbar, weil ihm von der militärischen Führung neue Beine versprochen werden, wenn er militärisch mitmacht. Er hätte dabei viel mehr zu gewinnen als Geld. Dass er Marine ist, prädestiniert ihn zum skrupellosen Besatzer. Dass er querschnittsgelähmt ist, bringt ihn auf die „andere Seite“. Was aber wäre ein Held ohne freie Entscheidung für das eine oder andere. Bei den Menschen schlägt er aus freien Stücken den Lohn der bösen Taten aus. Bei den Na’vi legitimiert er sich a) durch seine Opferrolle „am Kreuz“ und b) durch den Besitz der Wunderwaffe, die er sich ohne Hilfe anderer gefügig gemacht hat. Er ist sowohl gut als auch mächtig aus eigener Kraft.

5) Gegen Schluss erweist sich Jakes Rollstuhl noch einmal als Mittel, Spannung zu erzeugen. Seiner Behinderung wegen, gerät er ins Hintertreffen und hätte bald das ganze Rettungsunternehmen desavouiert. Das Happy End zieht sich hin. Der Held kämpft noch mit banalen Barrieren.

6) Und so ereilt den Zuschauer das doppelte Wunder. Unerwartet siegen die Unterlegenen und unerwartet bekommt der "kleine Mann" die wunderschöne Prinzessin. Allen technischen Raffinessen zum Trotz setzt sich zuletzt doch die alte Masche durch.

p.s. Behinderte haben in Hollywood weiterhin grossen Erfolg - vorausgesetzt sie sind nicht wirklich behindert.


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