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Title menschliche Makel, Der
Originaltitle: The Human Stain
Regie: Robert Benton
Darsteller: Anthony Hopkins, Nicole Kidman, Ed Harris, Gary Sinise, Wentworth Miller, Jacinda Barrett, Anna Deavere
Erscheinungsjahr: 2003
Land: USA
Stichwort: Krebs, Veteran, Herzversagen, Psychose, Literaturverfilmung
Release: 00.00.2003

Handlung
Coleman Silk, jüdischer Dekan am Athena College, wird des Rassismus angeklagt und verlässt wutentbrannt über dieses angebliche Fehlurteil seinen Posten. Seine Frau Iris stirbt aus Erregung an Herzversagen. Bevor er selbst stirbt, findet er zwei Freunde: Nathan Zuckermann einen Schriftsteller, der das Schreiben aufgegeben hat und Faunia Farley eine junge Frau, die mit ihrem tragisch verlaufenen Leben nicht fertig wird. Coleman und Faunia werden von deren Ex-Mann, einem psychotischen Vietnamveteran „ermordet“, da dieser den Unfall, bei dem sie umkommen, provoziert hat.



Weitere Info
nach dem gleichnamigen Roman von Philipp Roth (1998)

Im Bericht über das „Making“ von „Der menschliche Makel“ heisst es, das Drehbuch habe besondere Schwierigkeit mit den vielen Personen gehabt, die in dem Film eine wichtige Rolle spielen. Diese haben Drehbuchautor und Regie in der Tat gemeistert, überladen hingegen bleibt der Film mit „Makeln“, die alle miteinander verkettet sind und doch allzu lose Glieder dieser Kette bleiben:
Coleman hat sein Leben „erfunden“, da er nicht Jude sondern ein weisser Afroamerikaner ist und dies verleugnet, um nicht diskriminiert zu werden. Als Student und Mitglied einer Boxstaffel hat er dann auch rassistisch motiviert bewusst einen als „Nigger“ beschimpften Boxer brutal zusammengeschlagen.
Iris Silk stirbt im Grunde an der Lebenslüge ihres Mannes. Sie regt sich zurecht so sehr auf, dass ihr Herz versagt. Dass Coleman damit die eigentliche Ursache ihres Todes ist, wird im Film nicht thematisiert.
Nathan ist an Prostata-Krebs erkrankt und hat sich von der Welt zurückgezogen, obwohl er „geheilt“ wurde. Coleman’s Unfalltod macht ihn wieder zum Schriftsteller.
Faunias Ex-Mann ist mit einem „Trauma“ aus dem Vietnamkrieg zurückgekommen. Die Gewalt hat ihn vergiftet und nun stellt er seiner Frau gewaltsam nach.
Faunia wurde durch sexuellen Missbrauch und durch den Verlust ihrer Kinder zur Nymphomanin. Sie bildet sich zumindest ein, eine Beziehung nur noch auf Sex gründen zu müssen. Sie hat einen Selbstmordversuch unternommen.
Die Verbindung all dieser „Störungen“ ist ein Ausdruck, den die deutsche Synchronisierung banalisiert. Im Original ist nämlich vom „human stain“ die Rede. In Thomas Mann „Zauberberg“ leiden die Tuberkulosekranken an der vom Chefarzt jeweils festgestellten „feuchten Stelle“ in der Lunge. Ihr Kranksein ist Teil ihres besonderen Schicksals, wie dies ja auch in „The human stain“ der Fall ist.
Diese Beobachtung mag Philipp Roth's Intentioonen nicht treffen, dass diese aber mit den Samenflecken auf Monika Lewinsky's Kleid etwas zu tun haben, ist angesichts der Erwähnung der Affäre wahrscheinlich, dafür aber nicht unbedingt erhellender.
Versteht man Coleman's erlittenen Makel eher als einen sich in seinem Leben ausbreitenden Fleck, so kehrt sich die Opferrolle Coleman’s zur Täterrolle um. Sein verheimlichtes „Nigger“-Sein ist zwar als angeblicher „Makel“ der Diskriminierung ausgesetzt, aber es zerfrisst „wie ein Krebs“ (um eine gern verwertete, vom Film selbst evozierte Krebs-Metapher zu zitieren) sein Leben und das Leben aller, die mit ihm in Berührung kommen. Coleman’s „Fleck“ breitet sich tragisch auf seine Umgebung aus.
Nur der Chronist und Sinngebende der Geschichte, Nathan Zuckermann, kann daraus einen produktiven Vorteil ziehen. Er findet nun wieder Energie und Phantasie, um ein Buch mit dem Titel „The human stain“ zu schreiben. In dessen Mittelpunkt steht Coleman Silk, der sein Leben um eine Lüge aufgebaut hat.

In diesem Ich-Erzähler, der als Jude tatsächlich der Diskriminierung ausgesetzt ist und der den Krebs besiegt hat, stellt sich der Filmautor, der nicht unbedingt Roth sein muss, über die Parteien. Nicht zufällig entwickelt dieser dann auch Verständnis für den verlassenen und reuelosen Vietnamveteran – Coleman’s schuldbeladenes Opfer.
Bezeichnend, wie die Krebs-Metapher in ihrer diskriminierenden Bedeutung Einzug hält in Zusammenfassungen dieser Filmerzählung: The story of Coleman Silk (Hopkins), a distinguished professor at a prestigious New England college whose professional life is shattered by allegations of racism and whose personal life is infected with cancer of a lie he has been living with for fifty years. (Miramax)

„Krebs“ ist bekanntlich nicht ansteckend. Er ist eine respektable chronische Krankheit, deren Bedeutung medizinisch (und menschlich) gesehen nichts mit „Makel“ oder Lebenslügen zu tun hat. Wenn überhaupt, dann ist die Krankheit Opfer einer Deutungslust geworden, die Susan Sontag, selbst an Krebs erkrankt, voller Zorn und mit detaillierten Belegen angeprangert hat. Mit Erfolg, wenn auch nicht endgültig. Krebs ist nicht mehr die unnennbare Krankheit, aber ohne Makel und ohne den Verdacht, dass sie letal ist, kommt auch heute ihr öffentliches Bild nicht aus.


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