Die Paralell-Karrieren des Selbstmademan und des selbsternannten Gottesmannes folgt einer im Geschäftlichen unaufhaltsamen Dynamik bis zum Absturz aus grosser Höhe. Sie wird gebrochen und in Frage gestellt durch "menschliches Missgeschick" - Unfälle, Mord, Ressentiment, Hass und Rache. Der Charakter des Planview ist seiner unleugbaren Leidenschaft wegen positiver und anrührender gezeichnet als die des Predigers, der Schindluder treibt mit der Naivität der Menschen.
So als könnten die Vereinigten Staaten ihrem Stern der Eroberung akzeptabler folgen, wäre dieser nicht zugleich von bigotten, heuchlerischen Karrieristen bewohnt, die im Namen Gottes schmutzige Geschäfte betreiben. Planviews verzweifelte Brutalität wirkt akzeptabler als Eli's schleimiges Sendungsbewusstsein.
Planviews Sohn wird nach einem Bohrunfall taub und stellt eine Herausforderung an Planviews Energie, der er nicht gewachsen ist. Dessen ist er sich wohl bewusst. Eli "heilt" durch Teufelsaustreibung nicht vorhandene Leiden.
Dem falschen Henry kommt zupass, dass Planviews wahrer Bruder an Tuberkulose stirbt. Er reiht sich ein unter die Betrüger und Wechselbälge, die immer wieder Romanhandlungen und Filmerzählungen Spannung verleihen, siehe "Sommersby", "The Changeling", "Felix Krull"................

Planview zu Eli: "Aren't you a healer, and a vessel for the holy spirit? When are you coming over and make my son hear again? CAN'T YOU DO THAT?" In der Welt Planviews zählen Ergebnisse, nicht Versprechungen.

"Das schöne an einem großen amerikanischen Film, ist, dass er auf der ersten Ebene ganz einfach geschieht, so wie das Leben, zusammengesetzt aus Dingen, die so oder auch anders hätten kommen können, aus Dingen, die unvermeidlich sind, und aus Dingen, für die es so schnell keine Erklärung gibt. Große amerikanische Filme bilden sich nicht ein, das Land, die Menschen, die Zeit verstanden zu haben, sie sind ihnen nur sehr nahe. Und sie geben den Dingen ihre Dauer, schauen einen Berg, eine Maschine oder ein Gesicht genau so lange an, wie sie es verdienen. Aber auf der zweiten Ebene ist ein Film wie »There Will Be Blood« auch voller Verweise und Anspielungen, voller Schatten und Visionen: Hinter den Bildern unendlich viele Bilder und hinter den Worten unendlich viel Worte. Man kann das alles mit Marx, mit Freud, mit der Bibel, mit der Filmgeschichte, mit dem eigenen Leben oder auch mit nichts als großer Neugier und Offenheit ansehen. Alle Masken sind auch Spiegel, alle Widersacher zugleich Doppelgänger, alle Gewalt auch Selbstzerstörung, alles Gewöhnliche zugleich metaphysisch.

Selbst wir als Zuschauer sind Teil dieses Spiels; die Stimme von Daniel Day-Lewis kann seinen Widersachern und Opfern auf der Leinwand genauso etwas vormachen wie uns. Oder auch nicht. Er ist, was alle großen amerikanischen Romane und Filme brauchen: ein höllisch unzuverlässiger Erzähler. (Und schon bekommt die Stummheit seines Sohnes eine weitere Bedeutung.) Wenn er lügt, sagt er mindestens fünf Wahrheiten, und wenn er die Wahrheit sagt, mindestens fünf Lügen. So haben auch seine letzten Worte in diesem Film mindestens sechs Bedeutungen. Sie lauten: »I'm finished«.
Georg Seßlen: There will bo blood. Ein Strom von Öl und Blut. http://www.filmzentrale.com/rezis/therewillbebloodgs.htm