Der epilepsiekranke Bruder von George VI Johnny wird erwähnt (siehe hier den Spielfilm "The lost prince") . Bezeichnend dass dieses alles andere als schönfärbende Biopic in in der angeführten Liste der Filme über die "Royal Family" nicht auftaucht. At heart, this is a fairy-tale - a story about a shy young prince helped by wise wizard to break an evil spell and lead his nation to a glorious victory - except that it's actually based on a true story of King George VI (Queen Elizabeth's father) overcoming a crippling stammer with the help an eccentric Australian speech therapist. One of many installements of the "British Royal Family" saga, chronologically located after "The Madness Of King George", "The Young Victoria" and "Mrs Brown", and just before "The Queen". Part "My Fair Lady" and part "Rocky", the film is most remarkable for its performances: Geoffrey Rush chews the scenery as a real-life Henry Higgins, Colin Firth is amazing as King George VI, Timothy Spall steals every scene he's in as Winston Churchill, Guy Pearce is a flawless King Edward VIII and Michael Gambon is scarily effective as King George V. http://sonia-film-dictionary.blogspot.com/ (9.9.2010) The King’s Speech Kein Film für Stotterer
Der Film „The King’s Speech“ ist in den deutschen Kinos angelaufen. Er ist für 12 Oscar nominiert. Erzählt wird von einem scheuen und stotternden britischen Monarchen, der regelmässig vor dem Mikrophon versagt und deswegen fast daran verzweifelt, seinen Beruf ausüben zu können. Des Königs Lage spitzt sich zu, als er eine kriegswichtige Radiorede halten soll. Seinen Untertanen soll er damit Mut einflössen gegen Hitler und ihnen den Rücken stärkt im Krieg gegen Deutschland. Wird er wieder versagen? Dank seiner Beharrlichkeit aber auch dank der Kunst eines unorthodoxen Logopäden und der unverbrüchlichen Liebe seiner Frau gelingt dem König das schier Unmögliche. Er bietet dem redegewaltigen Herrn Hitler die Stirn. Er spricht fast ohne zu stottern. Er begeistert. Er wird in den kommenden Kriegsjahren nicht nur aber auch durch Reden den Widerstandswillen der Briten stärken. In den handelnden Personen sind unschwer (und vollkommen beabsichtigt) König Georg VI, seine Frau Elizabeth, sein australischer Logopäde Lionel Logue, die Premierminister Chamberlain und Churchill zu erkennen. Sogar Hitler wird mit einem britischen Wochenschaubeitrag „live“ eingeblendet. Ist also alles wahr – die Geschichte im Grossen und darin der persönliche Erfolg eines königlichen „Stotterers“, der seinen Sprachfehler und seine Scheu überwinden lernt, und seinem Volk einen unschätzbaren Dienst tut? Bei einem Unterhaltungsfilm wie diesem, der ohne Frage sein Prädikat verdient, sind weder Geschichtstreue noch die Frage ausschlaggebend, ob sie der Sache der „Stotterer“ dienen. Es ist genug, dass die rührende Story einer gelungenen Therapie und einer sie krönenden Rede filmgerecht erzählt wird. Man kann gespannt sein, wie viele Oscars ihm zufallen. Wenn es den grossartig stotternden, redenden und spielenden Colin Firth träfe, wäre das keine Überraschung. Hollywood liebt Helden, die es gegen alle Erwartungen und Behinderungen schaffen, und Schauspieler, die unbehindert perfekt Behindertsein spielen. Das Kinopublikum liebt in jedem Fall den behinderten Helden, wenn er „es schafft“. Film und Presse tun nun aber ein Übriges. Sie erheben - mehr oder weniger implizit - den Anspruch, „The King’s Speech“ sei eine Ermutigung für Menschen, die stottern? Tut er ihnen einen Dienst? Lernen „Stotterer“ und „Nicht-Stotterer“, wie man das Stottern verlernt oder besser lernt? Haben es „Stotterer“ nun leichter – es gibt ja einen Film, der zeigt, was in ihnen steckt? So schreibt Adelheid Müller-Lissner im „Tagesspiegel“ „Auch die Stotterer unter (den Filmbesuchern) sind begeistert. In der Zeitschrift der britischen Stotterer-Selbsthilfe äußern sich Betroffene und Sprechtherapeuten euphorisch. „Es war wie bei mir“, sagt einer der Betroffenen. Und es sei ein Segen, dass das Leiden am Stottern jetzt erstmals auf der großen Leinwand sichtbar gemacht werde.“ In der Tat, die Unterhaltung krönt das Gefühl, der Bewältigung eines Problems, der positiven Behandlung einer Behinderung beigewohnt zu haben. Möge es so sein! Aber warum zitiert der Artikel dann das ironisch verdrehte Sprichwort „Reden ist Gold“ und der zitierte britische Filmbesucher unterstreicht, dass sein Leiden endlich einmal aller Welt deutlich wird. Letzterem ist nur zuzustimmen. Dass der Film aber der Sache der Stotterer auch darüberhinaus dient, ist zu bezweifeln. Stottern ist eine Behinderung, von deren Schwere sich Menschen, die nicht daran leiden, gewiss keinen Begriff machen. Ist das anders z.B. bei Hörbehinderung? Ist das anders bei Lernbehinderung, beim Down Syndrom u.s.w. Nur Betroffenheit weiss wirklich. Den nicht Betroffenen die Augen zu öffnen, können Spielfilme wie „The king’s speech“ helfen. Muss es dann auch notwendig ein königliches Happy End geben? Warum wird der Filmbesucher, der von den Leiden des Königs erfahren hat, wenig später durch seinen Triumph getröstet? Es ist also doch nicht alles so schlimm. Sei beharrlich, geh zum richtigen Therapeuten, finde dich selbst und lerne fast fliessend zu reden. Und was fehlt denen, die es nicht mal dann „schaffen“? Reiss dich zusammen, denk an George VI? Falscher könnte man es ja gar nicht machen! Oder wäre der erste, im Film als voreilig entlarvte Rat des Logopäden richtig: Wechsel deinen Beruf, wenn dein Stottern nicht dazu passt. George VI hat keine Wahl. Sollen „Stotterer“, die nicht König sein müssen, sich nicht lieber gleich bescheiden? Womit? Bis zu welchem Grad? Ist Schweigen für sie das Richtige? Weltweise und Idioten, Heilige und Verbrecher stotterten. Jeder kommt mal ins Stottern. Menschen, die aufgrund eines Sprachfehlers stottern, wissen oder ahnen zumindest, dass sie gerade dann ins Stottern geraten, wenn ihnen dies als Beleg für Verlegenheit, Unfähigkeit, Dummheit oder gar für Irresein ausgelegt wird, wie George VI im Film fürchtet. Wäre Stottern ein Ausweis von Redlichkeit und Klugheit, hätte mancher Mensch mit einem Sprachfehler es einfacher. Er könnte seinem Talent freien Lauf lassen. Niemand würde sie scheel ansehen, alle würden auf sie warten. Vielleicht wäre es dann sogar mit dem Stottern gar nicht so weit her. Als der Irrsinn des 20. Jahrhunderts erneut weltweit seinen Lauf zu nehmen begann, trug ein "Stotterer" die britische Krone. Dem Film nach folgte er widerwillig seinem weltgewandten Bruder Edward VIII auf den Thron. Der galt zurecht als ein Freund der verbrecherischen deutschen Regierung unter Hitler. Fliessend reden konnten beide unverantwortlichen Staatsmänner. Selten war „Schweigen ist Gold“ so angebracht wie für diese beiden. Ach hätten sie doch gestottert wie George VI. Majestät dürfen bei ihrer kriegswichtigen Rede nicht stottern! Dieser Imperativ treibt George zur Verzweiflung und den Film mal amüsanten, mal zu spannenden, mal zu sentimentalen und mal zu unglaubwürdigen aber filmwirksamen Szenen. Man fiebert mit. „Stottern“ nimmt hier den Platz der vielen anderen Hindernisse ein, die Spielfilme brauchen, um atemlos ans Ziel zu gelangen: einstürzende Brücken, brennende Hochhäuser, tickende Zeitbomben. Dabei ist beiläufig auch was zu erfahren über Katastrophen, die riskante Arbeit der Feuerwehr, die Motive des Terrors. Ob’s stimm, kommt nicht so drauf an. Mal angenommen und die Geschichte ganz anders erzählt. Wo er geht und redet, wird George VI ermutigt: Macht nichts Majestät. Sagen sie nur das Rechte und stottern sie ruhig dabei. Ein „Stotterer“ auf dem Thron – für uns kein Problem, Majestät. Nehmen sie sich Zeit Majestät – wir geben sie ihnen. Hitler redet Unsinn, sie nicht. Sie sind rechtschaffend, er nicht. Jeder Brite, der behindert ist, jede Familie mit einem behinderten Kind, jeder der weiss, was versagen ist, steht geschlossen hinter ihn – also alle. In diesem Geist bis zu Ende erzählt könnte der Film wirklich etwas für die Sache der „Stotterer“ tun. Er wäre dann vielleicht ein wenig langweilig, vermutlich würde er als unrealistisch belächelt. Wäre ihm entgegenzuhalten, dass sich eine Behinderung nicht wegreden lässt? Aber dieser Film redet sie ja gerade weg, indem er seine Zuschauer im Glauben lässt, alles werde am Ende gut. Weder Lionel der Wunderpädagoge, noch George der heldenhafte Überwinder seines Fehlers helfen jedoch im Alltag. In "The king's speech" gibt es Szenen, die auf Selbstbewusstsein einerseits, Toleranz andererseits als unerlässliche Voraussetzung dafür verweisen, mit Behinderung wirklich fertig werden zu können. George stottert nicht bzw. ringt sich zur Sprache durch, wenn seine Kinder an seinen Lippen hängen, wenn er sich seiner Behinderung nicht bewusst ist, wenn er provoziert wird. Die raubtierhaft auf sein Versagen lauernde Menge hingegen verschlägt ihm die Sprache. Die Erwartung der Würdenträger macht ihn stumm. „The king’s speech“ könnte dazu anregen, den Dingen nachzugehen. Über welche Qualitäten verfügte George VI denn wirklich? Hat er tatsächlich als heldenhafter Überwinder seiner Behinderung die Briten begeistert? Dabei würde man vielleicht auf seinen Bruder Prinz John Charles Francis stossen, der epileptische Anfälle bekam und vom Hofe verbannt wurde. Seine Eltern fanden, mit einem behinderten Kind sei kein Staat zu machen. George wäre es nicht viel besser gegangen, wäre sein Bruder nicht zurückgetreten. Die lange Zeit verschwiegene Tragödie des britischen Herrscherhauses um den „vergessenen Prinzen“ spielte sich im Ersten Weltkrieg ab. Sie wird in dem ergreifenden BBC-Spielfilm „The Lost Prince“ erzählt. Hier fehlt das „Happy End“. Dafür wird der Zusammenhang zwischen Behinderung und Behindertwerden durch fehlendes Verständnis weit eindringlicher dargestellt als dies in in „The king’s speech“ der Fall ist Dass der Opportunismus, die Angst das Gesicht zu verlieren, der Mangel an Mitgefühl etwas damit zu tun haben könnte, dass es George VI immer wieder die Sprache verschlug, macht auch „The Kings Speech“ deutlich. Steifheit und Kälte im Hause Windsor hat Stephen Frears meisterlich in „The Queen“ dargestellt. Solange es nur ums heldenhafte Anpassen und Überwinden des Behinderten geht und das Mitwirken – hindernd oder akzeptierend – dagegen in den Hintergrund tritt, wird der Sache Behinderten wenig gedient. Dieser Erfolg hat zwei Seiten und nur dann auch ein Happy End. (stefan heiner, 20.2.2011)
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