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Title | Ziemlich beste Freunde | |
Originaltitle: | Intouchables | |
Regie: | Olivier Nakache | |
Darsteller: | François Cluzet, Omar Sy, Anne Le Ny | |
Erscheinungsjahr: | 2011 | |
Land: | Frankreich | |
Stichwort: | Epilepsie, epileptischer Anfall, Anfälle, Rollstuhl, Lähmung, Parese | |
Release: | 23.09.2011 |
Handlung | ||
Philippe Pozzo di Borgo, adelig, reich, seit einem Paragliding-Unfall querschnittsgelähmt beschäftigt Driss, einen Farbigen aus der Banlieu, der gerade aus dem Gefängnis entlassen wurde und den seine Tante aus dem Haus geworfen hat, als Pfleger. Driss verändert Philippe’s Leben und das seiner Betreuer radikal. Er kennt kein Mitleid, was dem Pflegebedürftigen zu halsbrecherischen Autofahrten und neuem Selbstbewusstsein verhilft.
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Weitere Info | ||
Ziemlich wenig Alltag „Ziemlich beste Freunde“ bleibt sträflich an der Oberfläche Der im Jahr 2011 erfolgreichste Film Frankreichs ist keine gewöhnliche Komödie: Sie befasst sich mit Behinderung. Auch in Deutschland erobert „Ziemlich beste Freunde“ die Herzen des Publikums. Philippe Pozzo di Borgo, adelig und reich aber seit einem Gleitschirmabsturz vom vierten Halswirbel ab – also praktisch völlig - gelähmt stellt Driss als Pfleger und „Mädchen für alles“ ein. Driss ist Farbiger aus der Pariser Banlieu, der gerade aus dem Gefängnis entlassen wurde und den seine Tante aus dem Haus geworfen hat. Der vom Leben und der Gesellschaft gebeutelte, desillusionierte junge Mann, der sich vom Einstellungsgespräch nichts anderes als eine Absage und deren Bescheinigung erwartet hat, glaubt zu träumen, als er den Job bekommt. Ein guter Freund warnt Philippe: "Die Jungens aus der Vorstadt kennen kein Mitleid." - "Das ist genau, was ich will. Kein Mitleid.", erwidert ihm Philippe. Und so werden aus dem blasierten Aristokraten und dem farbigen Tunichtgut „Ziemlich beste Freunde“. Der Film dieses Titels, der sich selbst als den „erfolgreichsten Film aller Zeiten“ anpreist (Gott bewahre!), hat jetzt auch in deutschen Kinos Erfolg bei Publikum und Presse. Nur ein Filmspass Mühe- und mitleidlos – auch was die Plausibilität seines Arbeitsverhältnisses angeht - schlüpft Driss in seine neue Rolle. Er geniesst den unverhofften Reichtum. Über die beschwerliche Seiten seiner Aufgabe kommt er erstaunlich schnell hinweg. Nach anfänglicher Weigerung widmet er sich der körperlichen Pflege mit Toilettengang ebenso hingebungsvoll wie den Nachtwachen mit Panikattacken seines Arbeitgebers. Woher er die Kompetenz für Darmentleerung, Massage, Füttern und psychologischen Bestand hat, ist dem Film keine Rede wert. Der Zuschauer gewöhnt sich rasch daran, dass Driss ein Glückskind ist und die Geschichte des ungleichen Paares nur ein Filmspass sein will. Keine Frage, François Cluzet als rollstuhlfahrender Querschnittsgelähmter und Omar Sy als sein draufgängerischer Pfleger angefeuert durch das Regieduo Eric Toledano und Olivier Nakache, das keinen Kalauer auslässt und sich nicht an political correctness kümmert, haben eine unterhaltsame Komödie zustande gebracht. Mit leichter Hand packen sie ein komplexes Thema an – und das gleich noch im Doppelpack: Behinderung und rassische Diskriminierung. Was macht das Leben eines vollständig Gelähmten und eines vorbestraften Farbigen im Frankreich von heute eigentlich lebenswert? Das Geld vielleicht, mit dem Philippe sich alles und alle kaufen kann? Die Brieffreundin, der sich Philippe aber nach dem Unfall nicht unter die Augen traut? Die treusorgenden Frauen, die ihn in Watte packen? Der Maserati, der im Hof des Pariser Stadtpalais unter einer Plane verrosten wird? Das Leben eines Querschnittgelähmten ist vorbei – es sei denn er finde einen „mitleidlosen“ Drop-out als Pfleger. Und die Zukunft der Banlieu-Bewohner liegt in der Hand pflegebedürftiger Reicher? Witz, Action und kein Mitleid Draufgänger Driss sorgt für spannende Wettfahrten mit der Polizei durch den Pariser Verkehr. Als diese ihn endlich stellen, mimt Philippe so lebensecht einen epileptischen Krampfanfall, dass die Ordnungshüter sich entschuldigen müssen. Driss schiebt Philippe in die Loge der Oper und macht sich dort lauthals aber endlich mal ohne heuchlerischen Bildungsdünkel über Mozart lustig. Driss bringt auch die Brieffreundin und ihren resignierten Verehrer in Trab. Er setzt sich über alle Bedenken der betulichen Helferinnen hinweg und bricht mutig mit dem Tabu, dass Sex nichts für Behinderte ist. Schliesslich macht er es sogar möglich, dass der Rollstuhlfahrer wieder durch die Lüfte segelt. Behinderte sind keine Stubenhocker! Leicht irritiert stellt man sich die Frage: Warum vergeuden Alte und Behinderte eigentlich so viel Zeit mit dem Kampf um Pflegestufen und der Suche nach verständnisvollem, kompetenten und einfühlsamen Pflegepersonal? Aus Lust auf Mitleid? Bloss kein Mitleid, ist also die Erfolgsformel. Sie lässt Filme, die sich um Alltag und Tragödie des Krank- und Behindertseins Mühe geben, als Feel-good-Filme alt aussehen. Jede ernsthafte filmische Alternative zum grauen Heim- und Klinikalltag wirkt angesichts von Komödien wie „Ziemlich beste Freunde“ dröge und spielverderberisch. Diese legen einfach den Hebel des Behindertenalltag um und machen daraus das rauschende Fest der (wiedergewonnenen) Lebensfreude. Damit nun niemand schreibt oder meint, nur im Märchen gehe es Pfleger und Gepflegten gut, endet „Ziemlich beste Freunde“ mit den Fotos der wahren Helden des nach einer wahren Begebenheit gedrehten Films. Philippe Bozo di Borgo lebt nämlich mit seinem Pfleger Abdel Yasmin Sellou zur Zeit der Filmproduktion in Marokko. Wer kann angesichts so belegter Authentizität noch behaupten, „Ziemlich beste Freunde“ sei ein ärgerliches Märchen. Verständnis und Respekt denn doch! Filme haben ein Recht darauf, unterhaltsam Märchen zu erzählen bzw. behinderten Menschen und ihren Betreuern das Leben und das Pflegen alternativ und Mut machend in aussergewöhnlichen Einzelschicksalen nahe zu bringen. Kino und TV haben in den vergangenen Jahren erstaunliche und streckenweise sogar komische „Behindertenfilme“ dieser Art hervorgebracht. Erinnert sei an „Mein Leben ohne mich“ über eine junge Mutter, die an Krebs stirbt und ihre Familie für die Zukunft rüstet (Kanada, Spanien 2003), „The lost Prince“, eine BBC-Produktion über einen verheimlichten, epilepsiekranken Spross der englischen Königsfamlie und seine Betreuerin (UK 2003), „An ihrer Seite“ über eine an Alzheimer erkrankte Ehefrau, die eine neue Liebe im Altersheim findet (Kanada 2006), „Taucherglocke und Schmetterling“ über einen vollständig gelähmten Journalisten und seine Logopädin (Frankreich, 2007), „Vison“ über Hildegard von Bingen, die ihre Krankheiten als Waffe einsetzt (Deutschland, 2009) oder „Lourdes“ über Behinderung, die kein Mitleid braucht (Österreich 2009). Der Unterschied zu „Ziemlich beste Freunde“? In diesen Filmen werden Einzelschicksale dargestellt und die daran Beteiligten ernst genommen. Niemand vergeht darin vor Mitleid. Und niemand macht daraus ein spassiges Programm. Niemand erfindet sich darin seinen Beruf. Niemand macht vergessen, dass Leid weh tut. Und niemand erlaubt es dem Publikum, sich über die Spässe unreifer Helfer und vor Langweile auf Extratouren sinnende Snobs lustig zu machen. Ohne die Tücken des Alltags, kein „Behindertenfilm“ Behinderung im Film hat seit vielen Jahren Konjunktur. Das Thema ist schon lange nicht mehr tabu und die Berührungsängste lassen sichtlich nach. Lange ist es her, dass bucklige Monster und finstere Psychopathen den „Behindertenfilm“ bevölkern. Die „Superkrüppel“, die ihren status als Ausgeschlossene durch Bestleistungen á la Rain Man oder Forrest Gump kompensieren müssen, bevor ihnen gesellschaftliche Anerkennung und Integration winkt, sind immer noch beliebte Helden. Das Genre, wenn es denn eins ist, erneuert sich aber zusehends. Der normale Kinobesucher möchte sich die behindert Geborenen oder behindert Gewordenen gern als im Grunde „normal“ vorstellen. Könnte dieser nicht einfach nur ein „hässlichen Entchen“ oder ein zum „abstossenden Frosch“ Verurteilter sein. Könnten ihm nicht alternative Therapien und unorthodoxe Rehabilitationsmassnahmen wieder zu einem ganz normalen Leben verhelfen? Die Gesellschaft – wir alle – würden doppelt gewinnen. Für all unser Leiden und Ängste wären dann Alternativen denkbar. Integrationshilfen, -strategien, - bemühungen wären hinfällig. Der Filmkritiker Georg Seeßlen hat hinsichtlich der Aufgaben von Filmen mit und über Behinderte angemerkt, „jeder Behindertenfilm (müsse) durch eine soziale Realität, durch ausgedehnte Untiefen von Kleinigkeiten, durch die ökonomisch-alltäglichen Tücken hinter den großen Gesten.“ gehen. Das ist der Punkt. Die „behindertengerechte“ Darstellung des Alltags entscheidet darüber, ob ein Film es – auch komisch – Ernst meint mit der dargestellten Behinderung. stefan heiner (veröffentlicht in der Zeitschrift „Dr.med. Mabuse“, nr. 196, März/April 2012, S.52/53) Eingangs wird eine wilde Verfolgungsjagd gezeigt. Driss sucht mit dem Ferrari von Philippe einer Polizeipatrouille zu entkommen. Als die Beamten ihn endlich stellen, werden sie mit einem von Philippe simulierten epileptischen Anfall konfrontiert.
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