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Title Bal - Honig
Originaltitle: Bal - Honig
Regie: Semih Kaplanoğlu
Darsteller: Bora Altaş,Erdal Beşikçioğlu,Tülin Özen
Erscheinungsjahr: 2010
Land: Türkei
Stichwort: Epilepsie, Anfälle, Stottern
Release: 00.00.0000

Handlung
Oktober 2009: Der sechsjährige, schüchterne Yusuf, der in der Schule stottert, begleitet seinen Vater Yakub, den Bienenzüchter gern in den Wald. Ihm liest er flüssig vor. Ohne ihn ist er stumm. Bei einem der Waldgänge hat Yakup einen epileptischen Anfall, mit dem sein kleiner Sohn aber gut umgehen kann. Der Vater verunglü+ckt eines Tages beim Honigsammeln in ferner Gegend.


Weitere Info
Das Drama schließt die autobiografisch geprägte „Yusuf“-Trilogie ab, die der Filmemacher mit Yumurta – Ei (2007) und Süt (2008; dt.: „Milch“) begonnen hatte. (Wikipedia)

"Bal - Honig" als Free-TV-Premiere und eine Hommage an Wim Wenders

"Wenn wir die moderne Zeit als das Erwachsenenalter der Menschheit begreifen, dann kann man sagen, dass die Orte, an denen wir 'Bal' gedreht haben, noch die Kindheit der Menschheit erleben. Wir arbeiteten in Bergdörfern, die bald ganz verlassen sein werden von den Menschen, die bis heute versuchen, nach den alten Traditionen zu arbeiten, unter Bedingungen und Regeln, die von der Natur bestimmt werden": Semih Kaplanoglus grandioser Streifen "Bal - Honig" läuft jetzt als Free-TV-Premiere.
FotoBora Altas ist Yusuf, der kleine Sohn des Imkers Yakup, den Erdal Besikcioglu verkörpert in dem türkischen Berlinale-Siegerfilm "Bal - Honig". Foto: Piffl Medien

Tiefer, scheinbar unberührter Wald. Hohe Bäume, durch deren Kronen sich das Licht mühsam Bahn bricht bis zum Erdboden. Die ersten so romantisch anmutenden Bilder des Kameramannes Baris Özbicer könnten aus Deutschland stammen. Keine Musik aus dem Off, keine Stimmen, nur die Geräusche der Natur, das Knacken der Äste, der Gesang der Vögel, das Summen der Bienen.

Ein Mann mit Strickmütze auf dem Kopf kommt ins Bild, er lauscht in den Wald hinein. An seiner Seite ein kleinwüchsiges, stämmiges Pferd, das eine Vielzahl von Bienenkörben trägt. Der Mann klettert behende, durch ein Seil gesichert, senkrecht den Baumstamm hoch. Erst in enormer Höhe gelangt er zu seinen Bienen, deren Waben er behutsam aus den Körben nimmt.

Yakup (Erdal Besikcioglu) heißt der Imker, der in dieser nur schwer zugänglichen, gefährlichen Bergwelt der Schwarzmeerregion im Nordosten der Türkei seinem traditionellen, aber vom Aussterben bedrohten Handwerk nachgeht. Tod und Migration haben die Bergdörfer entvölkert und immer weniger Männer sind bereit, die Gefahren dieses ursprünglichen, naturverbundenen Lebens auf sich zu nehmen, um den kostbaren, auch zu therapeutischen Zwecken eingesetzten schwarzen Honig der Rize-Region zu ernten - auf akrobatische Weise in schwindelerregender Höhe der Baumkronen.

Weil die kaukasischen Bienen durch eine unerklärliche Krankheit vom Aussterben bedroht sind, versucht sich Yakup als Schreiner ein Zubrot zu verdienen. Doch noch nimmt er, begleitet nur von seinem Falken und dem Lastentier, die beschwerliche, häufig mehrere Tage währende Wanderung zu seinen entlegenen Bienenstöcken auf sich, während seine Gattin Zehra (Tülin Özen) in den kleinen, von ihrem Vater geerbten Teeplantagen arbeitet und so zum schmalen Familieneinkommen beiträgt.

Aufmerksam lernt ihr sechsjähriger Sohn Yusuf (ein Naturtalent: beeindruckend natürliches Spiel des siebenjährigen Bora Altas) an der Seite seines Vaters die Geheimnisse der Natur kennen. Und die täglichen Weisheiten aus dem Kalender daheim zur Vorbereitung auf den Ernst des Lebens - in der Dorfschule, für die er täglich zu Fuß einen weiten Weg zurücklegen muss. Als Yusuf dort einen ihm fremden Text vorlesen soll, bekommt er keinen Satz flüssig heraus: Eine innere Blockade lässt ihn verkrampfen, er stottert und macht sich zum Gespött der Klasse.

Als sein Vater davon erfährt, nimmt er Yusuf mit in die Moschee: Mit Hilfe von Gebeten soll er das Stottern überwinden. Als das nicht fruchtet, beschließt Yakup, seinen Sohn in den Wald auf Honigsuche mitzunehmen. Nur hier, im Zusammensein mit seinem Vater in der geheimnisvoll anmutenden Natur des Bergwaldes, kann der Sechsjährige sein Stottern flüsternd überwinden. Doch wie in einem seltsamen Traum, den Yusuf hatte, finden sie nur verwaiste Bienenstöcke: Die Waben sind leer oder die Bienen tot. Auf dem Nachhauseweg erleidet Yakup einen epileptischen Anfall.

Yusuf weiß seinem Vater zu helfen, da er dessen Anfälle schon häufiger erleben musste. Als Yakup aufwacht, ist Yusuf an seiner Seite. Nach ihrer Rückkehr ins Dorf diskutieren die Honigerzeuger über das mysteriöse Bienensterben. Yakup sieht die Lebensgrundlage seiner Familie in Gefahr und beschließt, sich auf eine gefährliche Reise zu begeben. In einem entlegenen, unerforschten und auf keiner Landkarte verzeichneten Teil des Waldes will er neue Bienenvölker suchen und seine Körbe aufstellen.

Vergeblich warten der kleine Yusuf und seine Mutter auf die Wiederkehr des nun bereits seit vielen Tagen überfälligen Vaters. Als Yusuf eines Tages aus der Schule nach Hause zurückkehrt, ist ein Fremder zu Gast, der berichtet, dass der Vater abgestürzt ist und seine Leiche nun geborgen werden soll. Yusuf kann sich mit dieser Nachricht nicht abfinden, glaubt dem Fremden nicht und geht selbst in den Wald. Bald wird es dunkel, ein Gewitter zieht auf und Yusuf sucht Schutz am Fuß eines gewaltigen Baumes...

"Bal - Honig", nach "Yumurta - Ei" (2007) und "Süt - Milch" (2008) der dritte Teil von Semih Kaplanoglus Yusuf-Trilogie, ist bei der 60. Berlinale 2010 mit dem Goldenen Bären und dem Preis der Ökumenischen Jury sowie im gleichen Jahr beim Istanbul Film Festival mit dem Kamera- und dem Publikumspreis ausgezeichnet worden. In den Preis-Begründungen wie den Kritiken ist häufig von der spektakulären, malerischen Landschaftskulisse die Rede, von archaischer Wucht und atemberaubender Schönheit. Der in der Tat herausragende Film des 1963 in Izmir geborenen Regisseurs Semih Kaplanoglu, neben Nuri Bilge Ceylan und Yesim Ustaoglu der bedeutendste türkische Filmemacher der Gegenwart, verifiziert über 103 Minuten jeden Superlativ.

Aber auf ganz andere, völlig unspektakuläre Weise. Es sind nicht grandiose Landschaften, welche die völlig zu Recht preisgekrönte Arbeit des Kameramannes Baris Özbicer ausmachen. Sondern stille, beinahe dokumentarisch zu nennende Momente, exakte, aber stets distanzierte Beobachtungen, immer wieder auch aus größerer Entfernung. Das beginnt mit der einleitenden Sequenz im Wald und setzt sich im minutiös geschilderten häuslichen Dorfleben fort. Wenn der Vater mit dem Sohn spielt, dann steht Baris Özbicers Kamera zwei Räume weit entfernt, filmt durch einen dunklen Raum und den Türrahmen hindurch ins Helle des Außenbereichs.

"Bal", als Free-TV-Premiere am Donnerstag, 5. Februar 2015, um 22.30 Uhr auf Arte zu sehen, verzichtet vollkommen auf Musik, um sich ganz auf die Atmosphäre, die Klänge der Natur und die wenigen, markanten Geräusche in der Stille des Waldes zu konzentrieren. Dieser so außergewöhnliche wie zunächst, zumal im Popcorn-Kino, gewöhnungsbedüftige "Soundtrack" bildet die kongeniale Grundlage für das ausdrucksstarke Spiel des beim Drehen siebenjährigen Bora Altas, der im wahren Leben das genaue Gegenteil seiner verspielt-verträumten, introvertiert-schüchternen Filmfigur ist, nämlich äußerst aufgeschlossen, lebendig und kontaktfreudig."
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