Gleich zu Anfang schnieft der als Maler auftretende Spion Abel in seinem vermutlich kalten Hinterzimmerchen. Bald hat das Nasenlaufen auch Donovan erwischt. Es bleibt seinen CIA-Kontrahenten in der eiskalten DDR nicht erspart. Kaum eine andere "Erkrankung" könnte den "Kalten Krieg" und seine im Film sich aufbauende Spannung besser repräsentieren als der Griff zum Taschentuch. Auf der zugigen Glienicker Brücke schniefen die Brüder im Geist Donovan und Abel ausgiebig, was an dieser Stelle auch durchaus realistisch ist. Es kommt - wiederum bedeutungsvoll - nicht zum befreienden Hatschiiii, denn die Explosion der Katastrophe bleibt ja aus.

Der Meister des bedeutungsvollen Leitmotivs, Thomas Mann, hätte seine Freude gehabt an diesem dem grossen Publikum womöglich verborgenen Drehbuchgag, der mehr ist als dies. Nicht ganz ausgeschlossen ist, dass die Autoren (der "Erkältung") an "Il padrino" dachten, in dem das Dauer-Schniefen Michael Corleones verursacht durch einen Hieb eines treulosen Polizeioffiziers auf seine Nase chronologisch genau anzeigt: Traurig aber real - nun bin auch ich ein echter Corleone-Gangster.

Ob es sich hier wie dort um eine Metapher bzw um eine "metaphorische Erkältung" handelt, liesse sich tiefgründig debattieren. Nur soviel: Im Zauberberg signalisiert Madame Chauchat's Türenschmettern ihre "Rücksichtslosigkeit", die eine rückhaltlose Überwindung der feinen Manieren und ihrer geistigen Beschränktheit ist. Damit ist aber keine Metapher genutzt wie in "Baumkrone" für einen Teil der Schöpfung, der unliterarisch keine Krone trägt.

Madame Chauchat benimmt sich wirklich "unfein". Punkt. Dies ist für Castorp und den Leser Anlass genug, ihr Tun allgemein weiterführend zu überdenken. Das Bildermedium setzt seine Bilder nicht "übertragend" ein wie die Literatur, die mit Metaphern arbeitet. Es nutzt Bilder wie Lupen zum Durchschauen. Wenn Mynheer Peeperkorn seine fuchtelnde Beredsamkeit zu keinem Ende bringt, durchschauen wir ihn als gigantischen Versager. Und wenn Settembrini die Zauberbergkrankheit als Versteckspiel geisselt, dann sehen wir zugleich, wie er sich hinter seiner Rhetorik rührend zu verbergen sucht als einer, der am Zauberbergsyndrom leidet.

Die Freude am "Metaphorischen" (siehe die schlöne Beobachtung G. Seeßlen's) hat wohl Susan Sontag in die Filmrezensionen gebracht. Ihr ging es draum, medizinische Begriffen "rein" im Sprachgebrauch zu erhalten. Sie fürchtete das "Krebsgeschwür", als das eine schlechte Einrichtung bezeichnet werden kann. Sie übersah, dass ohne Bilder keine Sprache überzeugt. Woher Bilder nehmen und nicht stören? Ist ein auifrechter Polizeibeamter glücklich darüber, dass die USA Weltpolizist sind?