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Title Mit der Faust in der Tasche
Originaltitle: Pugni in tasca, I
Regie: Marco Bellocchio
Darsteller: Lou Castel, Paola Pitagora, Marino Masé
Erscheinungsjahr: 1965
Land: Italien
Stichwort: Epilepsie, Anfälle, epileptischer Anfall
Release: 31.10.1965

Handlung
Der rebellische und epilepsiekranke Alessandro ermordet seine ihm dekadent erscheinenden Familienangehörigen, damit sein älterer Bruder Augusto frei von der Last der Familie leben kann. Alessandro stirbt von allen verlassen im epileptischen Anfall.



Weitere Info
Aufgenommen in die Epilepsie-Filmographie von Kerson, Toba et al.: Implacable Images: Why Epileptiform Events Continue to be Featured in Film and Television, "http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16793571"

from Toba Kerson's notes: Family consists of one well brother and 3 ill siblings, two brothers and a sister, each of whom has epilepsy. One seems retarded as well. Mother is blind. For example, has to have his bath supervised. Ch. 6 – the brother with epilepsy who adores the well brother says, “Just imagine being on your own without us four. Talking man-to-man, why must you ruin your life for us. Look, I’ll help. You’re the only one I’m fond of so I want you to be free. I just found the way. Could I get a driver’s license? Brother – Are you crazy? You know that your medical condition rules that out.” I’ve had no attacks for a year, since I’ve been taking the pills. But only a month ago! I was faking, to avoid going to town with Leone. Ch. 20 – After finding brother dead in the bath, sister has a seizure on the stairs, falls down a couple of flights and is paralyzed and in bed. Brother who has done the murders has a seizure in her bedroom, calls for her to hold his head, which she usually does, and then appears to die with some aria in the background. Aus einem Interview mit Silvano Agosti, der nicht nur mit dem von ihm allein verantworteten Schnitt des Films (Pseudonym: Aurelio Mangiarotti) sondern auch Mitverfasser des Drehbuches am Entstehen des Films beteiligt war: "La mia insistenza nel convincerti sull'essenziale necessità che Ale morisse alla fine del film "I pugni in tasca", nasceva dalla consapevolezza che tu avevi in animo di tracciare con Ale un profilo della borghesia assassina ma non avevi, in un certo senso, l'energia per concepirne la morte, temendo forse di travolgere te stesso o comunque la cultura che ti aveva generato, e poiché ritenevo fosse essenziale che Ale morisse della stessa logica che aveva espresso nella sua cinica criminalità, come sai ho impiegato ventisette giorni a montare il film e un intero mese a montare gli ultimi sei minuti, quelli appunto della morte di Ale, che, come quella della borghesia, doveva essere una morte disperata ed epica e, per certi aspetti, "innocente". Ricordi l'antico proverbio napoletano che in un primo momento avevi accettato di mettere alla fine del film e che in seguito è sparito: "Non v'ha maggior dolore di chi coll'armi suo ferito more che la debita pena del mal fare tarda talvolta, ma non può mancare." (14.8.1998) http://web.tiscalinet.it/agosti/lettera.html Die Normalität des Krankseins oder der atavistische Blick aufs Kranksein Die Film-Erzählung nutzt Krankheit und Behinderung nicht als Anders- oder Abartiges, als Abwege und Alternativen zur bürgerlichen Familien-Ordnung sondern als deren jeweils extremen Ausdruck. Sie sind pathologische Befindlichkeiten geworden, die als normal geltende Verhaltensweisen in ihrer wahren Natur sichtbar machen. Die Mutter ist blind; denn sieht ihre mittlerweile gross gewordenen „Kinder“ nicht mehr als das, was sie sind - Erwachsene. Die Epilepsie der Schwester Giulia drückt deren haltloses, unkontrolliertes Sich-Verlieren an inzestuöse Begierden, Eifersucht und hemmungslose Ängste aus. Augusto, der älteste Bruder allein kann sich gesund und normal glauben, womit er die absolute Leere seiner Ziele und seiner gesellschaftlichen Position deckt. Es ist diese Normalität, die der einzig zielstrebige und hellsichtige Charakter der Familie, Augusto, in seinem Wahn der Beseitigung aller widerstrebenden Tendenzen im angeblich erblichen und degenerativen Familiengeschichte, den Weg ebnen will. Der Mutter versetzt er den letzen winzigen Stoss - ins Grab, ausreichend das schon wankende Gebäude der Wohlanständigkeit zum Einsturz zu bringen. Den „idiotischen“, epilepsiekranken Bruder drückt er unter Wasser als wäre es der Mutterschoss, aus dem er niemals hätte geboren werden sollen. Alexanders Vorgehen – und das Schicksal der ganzen Familie - wird durch eine Krankheit bedingt, in der Zustände anhaltenden, schlummernden Wahnsinns mit Momenten zerstörerischer Aktion einhergehen. Dass sie erblich ist macht Alexander und nicht den „gesunden“ Bruder zum wahren Patriarchen der Familie, der sich dann ja auch zum Herrscher über das Schicksal aller aufwirft. Der Bruder ist die (gesunde) Ausnahme, die mit dem Gang der alltäglichen Familiendinge nichts zu tun hat und haben will. Dass Bellocchio diese Erkrankung zum movens seiner Erzählung erhebt, verdankt sich dem atavistischen Blick darauf, den sich auch die Bourgeoisie durch alle Aufklärung hindurch erhalten hat. Dass Bellocchio selbst Krankheit in einem anderen Sinn und in einem anderer Form als „normalisierend“ ansieht, beweist sein szenarischer Dokumentarfilm „Matti da slegare“, in dem Normalität erst hergestellt wird durch die Rückkehr des Pathologischen in die Allgemeinheit. Ins positive gewendet hat dieser Film-Manifesto gegen die "borghesia" viel gemeinsam mit dem szenischen Dokumentarfilm "Matti da slegare", der dazu beitrug die Psychiatriereform von Basaglia einzuleiten.



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