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Title Exorzismus von Emily Rose, Der
Originaltitle: The Exorcism of Emily Rose
Regie: Scott Derrickson
Darsteller: Laura Linney, Tom Wilkinson, Campbell Scott
Erscheinungsjahr: 2005
Land: USA
Stichwort: Epilepsie, epileptischer Anfall, Anfälle, Exorzismus, Psychose, Besessensein, Elektroschocktherapie
Release: 01.09.2005

Handlung
Die ehrgeizige Anwältin Erin Bruner übernimmt die Verteidigung des Priesters Richard Moore. Dieser wird beschuldigt, durch die Exorzismen an der Studentin Emily Rose fahrlässig ihren Tod verursacht zu haben. In Rückblenden wird die Geschichte von Emily Rose erzählt, die unter Anfällen leidet, aber das Leid ergeben auf sich nimmt. Moore wird veruerteilt, aber verlässt das Gericht als freier Mann, da das Strafmass mit der Untersuchungshaft abgegolten ist.



Weitere Info
sehr frei nach dem Fall Anneliese Michel (1952 - 1976), aus Klingenberg am Main, Studentin der PH Würzburg. Die beiden für den Exorzismus verantwortlichen Priester wurden 1978 vom Landgericht Aschaffenburg zu Haftstrafen verurteilt. Ein wenig befriedigendes Genremix von Gerichts- und Horrorfilm, dessen besondere Schrecksekunden akustisch vermittelt sind. Selbst der nervenstärkste Kinobesucher zuckt bei den häufigen Fenster- und Türenknallen zusammen. Die Deutsch-Amerikanerin Prof. Dr. Felicitas Goodman, Professorin für Anthropologie an der Denison-Universität in Ohio, versucht die Geschehnisse auf der Grundlage ihrer eigenen selbstentwickelten kulturanthropologischen Forschungen zu erklären. Demnach gäbe es in allen Religionen das sogenannte Phänomen eines religiösen Ausnahmezustandes, der sowohl positiv als auch negativ auftreten könne. Die Gestalt der Anthropologin könnte Felicitas D. Goodman nachempfunden sein, die das Buch ""Anneliese Michel und ihre Dämonen"" verfasst hat (Christiana-Verlag, April 2004, ISBN 3717-1078-1X)

Aufgenommen in die Epilepsie-Filmographie von Kerson, Toba et al.: Implacable Images: Why Epileptiform Events Continue to be Featured in Film and Television, "http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16793571"

from Toba Kerson's notzes: Ch 10 – Johns Hopkins Medical School specialist says she has psychotic epileptic disorder and explains.

"Psychotic epileptic disorder" mixt - für den Zuschauer - effektvoll "psychotic disorder" und "epilepsy". Einsichtiger wäre die Formulierung "psychotic disorder connected with epilepsy", oder "psychotic episodes associated with epilepsy" die das gleichzeitige Bestehen von verschiedenen Erkrankungen andeuten würde.

Natürlich ist es nicht Aufgabe eines Filmscripts exakte medizinische Terminologie anzuwenden. Es bleibt aber kurios, dass Spielfilme zuweilen medizinische Autoritäten mit Laientheorien auftreten lassen. Der viel besprochene Laie fühlt sich dadurch in seinem vagen Wissen auch noch bestärkt.

Im Gerichtssaal erklärt der Psychiater neben einer Zwangsernährung sei die Behandlung mit Elektroschock angezeigt gewesen, um Emilys Leben zu retten.

Die Aufarbeitung der Angst Exorzismus statt Epilepsie in Kirche und Spielfilm

Anneliese Michel, aus Klingenberg am Main gebürtig, Studentin der PH Würzburg wurde 1976 in ihrem 23. Lebensjahr von katholischen Exorzisten aus dem Leben getrieben. Die beiden dafür verantwortlichen Priester wurden 1978 vom Landgericht Aschaffenburg zu Haftstrafen verurteilt. Juristisch unbehelligt blieb der Bischof, der die noch heute kirchlich erforderliche Zustimmung erteilte. Anneliese Michels bekam wiederholt epileptische Anfälle. Sie berichtete von Wahnvorstellungen. Sie kam vom Dorf. Ihre Familie galt als streng katholisch. Sie studierte, weil sie Lehrerin werden wollte. Ihre empörende und lehrreiche Geschichte erzählen nun gleich zwei Spielfilme: „Requiem“ von Hans-Christian Schmid, der jetzt in Deutschland anläuft und „Der Exorzismus der Emily Rose“ (Scott Derrickson), der seit November 2005 bei uns zu sehen ist. Schmid’s Film spielt in der deutschen und Derrickson’s in der amerikanischen Provinz. Wer beide Filme gesehen hat – und beide sind sehenswert – weiß mehr über Provinz, Priester und Exorzismus. Er weiß, dass der Teufel sich gern junge Mädchen zu Schrecken und Sühne (der Mitwelt) aussucht, und dass „die Provinz“ lebensgefährlich sein kann. Wer sich nun noch fragt, ob ein Exorzismus vielleicht auch bei ihm angebracht ist, kann mal im Filmheft „Requiem“ nachschauen, den die Bundesanstalt für politische Bildung herausgegeben hat. Da steht viel Historisches und wenig Kritisches über Exorzismus drin. Erstaunlich für eine ""Bundesanstalt"". Für Fortgeschrittene hält dann der Vatikan Kurse bereit. Da lernt man das Exorzisieren. Sie finden darum bei Amtsträgern und Presse Anklang. Letztere findet alles sehr aufregend, wenn sie es womöglich auch für Humbug hält. Exorzismusexperte und –dozent des Vatikans ist z.B. Pater Amorth (nomen est omen) Er konnte jüngst in einer beliebten italienischen Fernsehsendung für die ganze Familie ausführlich vortragen. Als Experte kommt der Pater auch im deutschen Fernsehen schon mal zu Wort. Im TV-Bericht zum Fall Michel (ARD, 24.11.2003) durfte er sein Teufelszeug zum Besten geben – nicht unwidersprochen aber passend in gruseliges Licht getaucht, das auch Schmid und Derrickson besonders lieben, natürlich. Exorzismus ist also wieder „in“. Epilepsie war und bleibt „out“. Will sagen: Was es mit ihr auf sich hat, ob das ihr anhaftende Stigma vielleicht durch Aufklärung beseitigt werden kann, interessiert die Öffentlichkeit weit weniger als das spannende Thema Teufelsaustreibung. Viele Fragen sind selbst gebildeten Bürger noch immer nicht ganz klar. Etwa: Sind Anfälle eigentlich immer so „groß“ und „schrecklich“ wie’s im Film aussieht? (Selbst die Autoren des Filmhefts der Bundesanstalt für politische Bildung scheinen dies anzunehmen!) Fragen über Fragen und kaum verwendbare Antworten weder im Film von Derrickson noch in dem von Schmid. Ist Epilepsie heilbar? Ist sie eine Geisteskrankheit? Sind epileptische Anfälle Wahnvorstellungen? Zucken manche Leute dabei, weil sie gezwickt und gezwackt werden? Helfen Medikamente? Kurz: Wenn trotz ärztlicher Behandlung Anfälle bleiben, ist das dann ein Zeichen dafür, dass Aberglaube angebrachter ist als Schulmedizin? Sind Menschen, die epileptische Anfälle bekommen, vielleicht selbst dran schuld? Weil sie ihre Medikamente ungern nehmen! Weil sie nicht gern zum Psychiater gehen? Weil sie zerbrechlich wirken, gestresst sind oder gar weil sie eben alles zu schwer nehmen? Weil sie nicht auf ihre besorgten Eltern hören? Und den Priester zu spät einschalten? Dass sich Regisseur Derrickson mehr für knarrende Wände und zuknallende Türen interessiert als für solche Fragen, ist begreiflich. Dass Regisseur Schmid ein bigottes Milieu mehr inspiriert als ein Elektroenzephalogramm, erscheint legitim. Ein Film zum Thema „Was ist Epilepsie, warum haben die meisten Betroffenen nach fachlicher Behandlung keine Anfälle mehr und warum hat der Teufel mit all dem nichts zu tun?“ bekommt natürlich weder ein Bambi noch einen Oscar und eben überhaupt keinen Festivallorbeer - bestenfalls den Preis der Pharmaindustrie. Werden wir also weiterhin dulden müssen, dass Epilepsie im Kino mystifiziert wird? Nicht unbedingt. Es gibt auch Regisseure, die sich der Krankheit und den daran Erkrankten nüchtern und hilfreich zuwenden. Thomas Moor etwa schuf 1986 den erschütternden Spielfilm „Nacht Mutter“ (USA), der die Einsamkeit von Menschen mit epileptischen Anfällen eindringlich behandelt. Ein filmisches Kammerspiel, keine Horroreinlagen. Die BBC strahlte 2003 den dreistündigen Spielfilm „The lost prince“ (Stephen Poliakoff) über den epilepsiekranken Sohn des englischen Königspaares Georg V und Queen Mary aus. Johnny wurde von Hofe verbannt, damit er seinen Eltern und der Öffentlichkeit erspart bleibe. Betroffenheit statt Erschrecktwerden. Diane Keaton drehte 1991 den romantischen Film „Wilde Sehnsucht“, in dem eine verständnisvolle Umwelt ein Kind ins Leben zurückgeholt, das von ihrem Vater wie ein Tier weggesperrt wurde. Regisseure, Drehbuchautoren und Produzenten, die in Fragen der Epilepsie den Teufel aus dem Spiel lassen, verdienen Beifall. Derrickson ist da hoffnungslos ""out"" und Schmid wäre ""in"" gewesen, wenn er nur klarer gemacht hätte, daß die unaufgeklärte, unberatene und schreckhafte Öffentlichkeit des Teufels war (und ist), nicht Anneliese Michel! Richtig ist aber auch: Der Spielfilm ist wenig geeignet für ""Volksaufklärung"" so gern Bildungsbeflissene dies auch hätten. Wer wollte es Schmid und Kollegen schon ankreiden, dass sie unterhaltsame Filme drehen und zur Gesundung der Gesellschaft nur nebenbei beitragen wollen. Ist der Spielfilm etwa ein Mittel zur Gesundheitsaufklärung? Von der Bundesanstalt für politische Bildung könnte man da schon eher fordern, mindestens genauso viele Worte über Epilepsie wie über Exorzismus zu machen. Das Wort kommt in ihrem Filmheft überhaupt nur 3mal vor. 18mal dagegen ist von Exorzismus die Rede. In der Hand einer bedachten politischen Bildung könnten dann selbst ausgesprochene Horrorfilme noch etwas gegen Stigmatisierung leisten. Das wäre sogar ein Glücksfall, trifft aber nicht zu auf das Filmheft zu ""Requiem"". Nachtrag: Anneliese Michel’s pädagogische Diplomarbeit trägt den Titel: „Die Aufarbeitung der Angst als religionspädagogische Aufgabe“ Sollte diese junge, kranke, bedrängte Studentin versucht haben zu begreifen, wozu Religion gut ist. Würde es helfen, wenn Amtskirche, Spielfilmregisseure und „breite Öffentlichkeit“ sich darauf besännen, wie uns Gesunden und Kranken Religion helfen könnte? Aufarbeiten statt Angst einjagen……………..


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