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Title Im Winter ein Jahr
Originaltitle: Im Winter ein Jahr
Regie: Caroline Link
Darsteller: Karoline Herfurth, Josef Bierbichler, Corinna Harfouch
Erscheinungsjahr: 2008
Land: Deutschland
Stichwort: Kindstod, Selbstmord, Depression, Literaturverfilmung
Release: 09.09.2008

Handlung
Ein Jahr nach dem Selbstmord ihres Sohnes Eric gibt seine Mutter Eliane - eine vielbeschäftigte Innenarchitektin - dem Maler Max Holländer den Auftrag, den verstorbenen Sohn gemeinsam mit der lebenden Tochter Lilli zu porträtieren. Das Bild gefällt Lilli und ihrem Vater, einem weitgereisten und bekannten Bioniker. Seine Entstehung hat alle Heimlichkeiten und Versäumnisse der Familie, insbesondere das Harmoniebedürfnis der Mutter, an den Tag gebracht.



Weitere Info
Nach dem Roman "Aftermath" von Scott Campbell (1985).

Es gibt viele Wege, um sich selbst auf die Spur zu kommen. Psychoanalyse ist einer. Der Film lässt sich als psychoanalytische Gruppentherapie lesen und sehen. Man tut sich aber schwer dabei. Meist ist man durch chic wirkende Einfälle abgelenkt. Als der Maler Max das fertige Porträt mit einem sichtlich einfach gestrickten Nachbarn in eine noble Transportkiste packt, meint dieser, die reichen Leute seien doch zu etwas nütze. Es klingt, als habe sich die Regisseurin dafür entschuldigen wollen, dass sie ihren Seelenkonflikt in der münchner Chiceria angesiedelt hat.

Die story: Bioniker sind Wissenschaftler die von der Natur für die Technik lernen. Erics Vater ist Bioniker. Seine Mutter staffiert liebevoll und kenntnisreich das Wohnen von Hausbesitzern aus. Ihre Tochter Lilli soll Baletttänzerin werden, der es mehr um "Ausdruck" als um Technik geht. Eric besucht ein Internat, lacht zu viel, liebt den Schnee und ist erfolgreicher Skifahrer. Das Ganze geht nicht gut. Eric begeht Selbstmord. Die Familie deklariert das als Jagdunfall. Ein Jahr danach soll der Maler Holländer ein Doppelporträt von Lilli und Eric anfertigen.

Holländer schlägt sich mit vielen Problemen herum, insbesondere mit einer kaputten Ehe. Seine Frau und sein Sohn haben es nicht verkraftet, dass ihr Vater homosexuell ist.
All das bringt die Entstehung des Bildes an den Tag. Als es fertig ist, sind die handelnden Personen so weit mit sich im Reinen, dass sie zumindest ihren Versäumnissen ins Auge blicken und trauern können.

Das ist alles so einsichtig wie zu kurz gefasst. Der Selbstmord lässt eine nach familiärer Eintracht strebende Gemeinschaft zerfallen. Ein Bild bewirkt, dass jeder wieder mit jedem redet.

Sieht der Kinobesucher vielleicht besser ins eigene Gefühlsgestrüpp, das ihm umgibt, angesichts dieser Filmerzählung? Da kann er dann auf Selbstmord, verheimlichte Homosexualität und Kunst in den eigenen Kreisen verzichten? Immerhin bringt es ihm die (Film)Kunst ja an den Tag. Oder kommt dem durchschschnittlichen Kinobesucher der Verdacht, dass er zu einfach gestrickt ist, um so viel Aufwand zu rechtfertigen? Gefühle zu verheimlichen, vornehmlich an der Fassade des Erfolgs zu arbeiten, der Kunst Aufträge zu geben - dass kann sich nicht jeder leisten!

Caroline Link war in "Jenseits der Stille" eine Filmautorin, die den Zuschauer mit der ihm wenig zugänglichen "Natur" der Gehörlosigkeit vertraut machte. Gefühlvoll unterhalten erschien einem diese Welt weniger unzugänglich als die potemkischen Dörfer derer, die es zuhause schön haben. Es gab etwas für die eigene Technik der familiären Schadensbegrenzung zu lernen.

Von "Im Winter ein Jahr" lernt man allenfalls, dass es den anderen nicht gut geht, auch oder gerade dann, wenn sie es vormachen. Erzählungen dieser Art beleben die Prominentenpresse und unsere Lust daran. Dass die Familie dieses Films kein nachvollziehbares Problem hat ausser dem einen, keine Probleme zuzulassen, fällt einem da plötzlich auf.

Die ganze Geschichte funktioniert erst, wenn sich einer daraus wortlos verabschiedet. Der Film suggeriert, dass es dann aber noch nicht zu spät ist. Man kann sich ein Bild darauf machen.

Es ist dann aber aber doch zu spät und kein Kunstwerk füllt die Lücke aus, die einer reisst, dem das Theater zu viel wird. Dieses notwendige Gefühl der Verlorenheit zu erzeugen, scheint mir der Film nicht geeignet zu sein. Sollte dies so sein, dann hat er auch nicht das "Recht" auf einen Selbstmord, bzw. setzt einen solchen nur ein, um erbauliche Gefühle zu erzeugen.



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