siehe weitere Verfilmungen: Jakob Fleck und Luise Fleck (Österreich 1917) Julian Pölsler (Deutschland, 19999) Inhalt: Herangewachsen entdeckt Florian der Müllersohn, daß er seine Jugengdfreundin Leni, Bauer Reindorfers einzige Tochter, liebt und heiraten will. Reindorfer lehnt das unverständlicherweise strikt ab. Leni wäre einverstanden, wird aber auch vom Almbodenbauern Simon begehrt. Er hätte sie zunächst gern als Hilfe für seine mutterlos aufwachsende Tochter Burgel. Nach vielem Hin und Her bekennt der Reindorfer seiner Leni endlich, daß sie die "Frucht" einer Liebesaffäre zwischen seiner Frau und dem Müller ist. Florian erfährt nichts. Sein Vater läßt alles laufen. Er hindert nichteinmal seine Frau am Versuch, Leni für ihren Sohn zu gewinnen. Leni "flieht" vom heimatlichen Hof, weil sie glaubt der Bauer sei ihr bös, und übernimmt die Mutterrolle bei Burgel auf dem Almbodenhof. Rasch geht das Gerücht, daß sie die zukünftige Bäuerin wird, was um so wahrscheinlicher ist, als Burgel sich fast unvermittelt vom verstörten Kind zum heiteren Mädchen wandelt. Florian hat erfahren, wo Leni ist. Er stellt sie zur Rede und erfährt, daß kein Sinneswandel sondern Geschwisternschaft zwischen ihnen steht. Der Reindorfer hat seinen Hof praktisch an die Frau seines Söhne verloren, die jetzt alles bestimmt. Sein zweiter Sohn will ihn nicht aufnehmen. Resigniert geht er zu Fuß den weiten Weg zum Almbodenhof, wo Hochzeit gefeiert wird. Florian verabschiedet sich von Leni und geht mit unbekanntem Ziel von dannen. Die Hochzeit nimmt zur allgemeinen Freude ihren farbenfrohen Lauf.
Der Film beruht auf Herbert Anzengrubers gleichnamigen Roman. Eine Neuverfilmung erfolgt 2000 für das Fernsehen (siehe Katalog 2000 Nr. ) Verfilmt wird in "bester" Heimatfilm-Tradition nur die schlichte "story" des Romans, wobei alle dramatischen und düsteren Töne fortgelassen sind. Sogar das Zentralmotiv "Schandfleck" geht verloren, weil niemand ernsthaft eine Schande annimmt. In seichtester Weise wird die Tragödie der Geschwisterliebe abgehandelt. Das König-Lear-Motiv des Romans verkommt zum Streit mit undankbaren Söhnen und Schwiegertöchtern. Entsprechend entfällt auch die Nebenhandlung, in der es um Burgels traumatische Epilepsie und deren Heilung geht. Dieser Burgel fehlt nichts außer einer lustigen, jungen Mutter, die sie alsbald auch bekommt. Unterstrichen wird der bemüht harmonisierende und volkstümelnde Aufguß von Anzengrubers dramatischer Handlung durch Musical-Einlagen. Der durch die Handlung führende Scherenschleifer wie auch Leni tragen zuweilen singend ihre Anliegen vor. nach dem gleichnamigen Roman von Ludwig Anzengruber (1877) Erstausstrahlung des Zweiteilers: 31. Oktober 1999, 19.45 Uhr, Bayerisches Fernsehen Anzengruber beschreibt im Roman ausführlich und "unorthodox" einen nächtlichen Anfall von Burgel:
Burgel udn Leni schlafen im gleich Zimmer. "..... plötzlich schreckte sie (Leni) empor, von der Wand gegenüber tönte ein eigentümliches Geräusch; wie unruihig musste sich das Kind gehaben, da das Bett unter ihm schütterte? 'Kein Licht', rief das Kind, 'kein Licht Leni.' Aber es sprach das mit so entstellter Stimme, dass Magdalena sich nur schneller mühte, Licht zu gewinnen, und als jetzut der Docht der Kerze aufflammte und sie hinzutrat, da streifte ihr Fuss an die herabgewühlte Decke und im Bett lag das Kind, den kreidigweissen Körper entblösst, jedes Glied desselben unter regellosen, wilden Zuckungen herumgeworfen, das Auge stier, den Mund verzerrt. Burgel: "Den Veitstanz, sagen's, hätte ich. Da siehst, wie das ist. Ich bin nit Herr über meine Füss, nit über meine Händ', bald auch über mein' Zunge nit. Unterdrück ich's tagüber mit aller G'walt, überkommt's mich Nachts nur ärger .................Eine lange, bange Weile verstrich, so länger, je bänger sie war, dann löste sich der Krampf, die Ärmchen glitten matt und müde herab, das Kind lag ruhig und verfiel in Schlaf." (139 / 140, Ausgabe Deutsche Volksbücherei) Der Schandfleck Roman und Film Ludwig Anzengrubers* Roman „Der Schandfleck“ (1877, überarbeitet 1884) schildert das Schicksal eines Kindes - Magdalena -, das als Folge eines Ehebruchs zur Welt kommt. Die Bauersfrau Maria Reindörfer hat sich mit einem „Lumpen“ eingelassen. Ihr Mann versucht den „Schandfleck“, der daraus hervorgeht, vor der Welt zu verbergen. Er nimmt das Kind als sein eigenes an. Als die Wahrheit ans Licht kommt, verlässt Magdalena Familie und Heimat, um sich beim verwitweten Grasbodenbauer Simon als Magd zu verdingen. Sie betreut seine epilepsiekranke Tochter Burgel. Mit der Zeit finden Herr und Magd zueinander. Burgel bekommt eine neue Mutter. „Der Schandfleck“ ist die Geschichte der bodenlosen Angst vor der Treulosigkeit des Lebens. Nicht einmal das Vertrauen zum geliebten Menschen garantiert und schützt vor ihr. Epilepsie, das unerwartete, mysteriöse Versagen bewussten Wollens, ist auch ein Beleg dieser urmenschlichen Bedingtheit. Ihr Schrecken lässt sich durch Ausharren und Beschützen überwinden. Im Roman heilt Liebe, die dem Drang zum Beschützen entspringt, zum Schluss die Wunden des ursprünglichen Vertrauensbruchs. - . - * Ludwig Anzengruber (geboren 1839 in Wien, 1989 dort gestorben) beschrieb in Theaterstücken und Romanen das bäuerliche Leben seiner Zeit. Heute fast vergessen, früher viel gelesen: Zeugnis davon geben noch die vielen Ausgaben seiner Werke - in wiener und münchner Buchantiquariaten. Verfilmungen Fleck, Jacob, Fleck, Luise, Der Schandfleck (Österreich / 1917) Fredersdorf, Herbert B., Der Schandfleck (Österreich / 1956) Hier wird nur kurz erwähnt, dass Burgerl krank ist. Dass sie der Stoffpuppe, die ihr Vater vom Jahrmarkt ihr mitgebracht hat, keinen Namen geben will, dass sie sich und die Puppe "schlecht" findet, wird im Film nicht begründet. Leni "heilt" Burgel, die ihre Mutter früh verloren hat und seit Jahren allein mit dem schqermütig gewordenen Vater lebt, indem sie die Mutterstelle einnimmt. Bergerls Zustand erscheint als "seelisches Leiden". Pölsler, Julian, Der Schandfleck (Deutschland / 1999) vom Bayrischen Rundfunk gesendet am 31.10. u. 1.11.1999 Weitgehend textgetreue Umsetzung des Romans, anrührend gespielt, eine atmosphärisch dichte Bauernsage, in der, anders als im Roman, Epilepsie nicht den Grundton angibt, sondern Episode bleibt. Der Ausbruch von Burgels Epilepsie wird psychologisch begründet (Trauma auf Grund des dramatischen Todes der Mutter). Ihre nächtlichen Anfälle bzw. „Zustände“, die Magdalena zu Tode erschrecken, werden in ihrem panischen Verhalten praktisch nur gespiegelt gezeigt. Die Überwindung der Angst wirkt wie eine Therapie. Burgel ist von da an „anfallfrei“, ja geheilt. Als verliere die Epilepsie schon ihre Kraft, wenn es nur der Umgebung gelingt, Burgels Angst vor dem Anfall zu überwinden. (Stefan Heiner)
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