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Title | Scharfschütze, Der | |
Originaltitle: | The Shootist - Der Scharfschütze | |
Regie: | Don Siegel | |
Darsteller: | John Wayne, Lauren Bacall, Ron Howard, James Stewart | |
Erscheinungsjahr: | 1976 | |
Land: | USA | |
Stichwort: | Krebs | |
Release: | 11.08.1976 |
Handlung | ||
Der berüchtigte Revolverheld John Bernard Books kommt nach Carson City, um alte Rechnungen zu begleichen und Dr. Holstetler zu konsultieren. Dieser diagnostiziert Krebs im Endstadium. Weder der nahende Tod noch die plötzlich aufkeimende Liebe zu der alleinstehenden Vermieterin Bond Rogers bringen ihn von seinen Racheplänen ab. Den unausweichlichen Showdown nutzt Books am Ende, um in Würde umzukommen.
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Weitere Info | ||
nach dem Roman von Glendon Swarthout: Der Superschütze. (Originaltitel: The Shootist). Heyne, München 1977, ISBN 3-453-20297-X. "Kritischer Spätwestern mit John Wayne (1907-1979) in seiner letzten Rolle (und James Stewart in seinem letzten Western), der stilsicher das Genre reflektiert und zum Endpunkt bringt. Die im Vorspann gezeigten Stationen aus dem Leben des Revolvermanns sind Ausschnitte aus den berühmtesten John-Wayne-Western." Lexikon des internationalen Film Zu Beginn werden Stationen von Books Karriere als treffsicherer Revolverheld gezeigt. Es sind die Jahre des ausgehenden 19.Jahrhunderts. Die Bilder dazu sind Wayne-Filmen entnommen, die zu dem angeblichen Alter von Books passen. Die kurze Szenenmontage bewegt sich deswegen auf drei Ebenen: Diese Szenenfolge demonstriert schlagartig, dass in Filmerzählungen ganz verschiedene Realitätsebenen miteinander verwoben werden können. Jede Ebene verweist auf die andere ohne dass die Ebene dessen, was der Zuschauer als Realität begreifen könnte, fassbar wird. Die Realität des krebskranken Wayne tritt im Film völlig zurück hinter die narrative Ebene des erkrankten Revolverhelden, die ihrerseits Frucht der Mythisierung einer Realität ist; denn der Western schafft ja erst jene Sicht auf das 19. Jahrhundert der USA, das historisch alles andere als eine Westerngeschichte war.
Kurzbiographie "John Wayne" (siehe: http://www.getidan.de/film/marcus-stiglegger/8760/john-wayne-the-shootist) Das Ende einer reaktionären Ikone Don Siegel war bereits fortgeschrittenen Alters, als er in der Blüte des New Hollywood-Kinos der frühen 1970er Jahre einige moderne Klassiker schuf. Dazu gehören Dirty Harry (1971), Der große Coup (1973) und – Der Shootist (1976), der letzte Film der Western-Ikone John Wayne, und zugleich das Resümée von dessen gesamter Karriere. Dabei ist Der Shootist, der nun bei Koch Media auf einer hervorragenden DVD neu vorliegt, ein Film der alten Männer (und Frauen): John Wayne, James Stewart und Lauren Bacall stehen allesamt für Hollywoods große Ära der 1940er und 1950er Jahre und blicken gemeinsam auf jahrzehntelange Karrieren zurück. All das denkt Siegels Inszenierung mit, und schafft mit Der Shootist einen Meta-Spät-Western, der Clint Eastwoods Erbarmungslos (1992) elegant und leicht vorwegnimmt. Erzählt wird die Geschichte von John Bernhard Books (Wayne), einer Legende unter den Revolverhelden des Wilden Westens. Doch der Westen hat an Wildheit verloren – man schreibt das Jahr 1900, und auch Books ist inzwischen alt und grau geworden. Als er von seinem Arzt (James Stewart) erfährt, dass er an Krebs im fortgeschrittenen Stadium leidet, mietet sich Brooks bei der Witwe Rogers (Lauren Bacall) und deren Sohn (Ron Howard) ein. In panischer Angst vor einem schmerzhaften Tod im Bett will Books es noch einmal wissen und legt sich mit den Gangstern und Falschspielern der Gegend an, um sich mit einem großen Abgang zu verabschieden. Am Ende steht er alleine in einem Saloon seinen drei Killern gegenüber und liefert sich ein beispielloses Schlachtfest. Die Geburt einer Western-Legende John Wayne war 1976 die lebende Legende des Western-Genres. Seine über ein halbes Jahrhundert währende Karriere hindurch konnte man John Wayne in unzähligen Genrefilmen (Western, Abenteuer, Kriegsfilme, seltener Komödien) sehen, nachhaltig in Erinnerung aber blieb er durch den von ihm geprägten Archetyp des raubeinigen Westerners, der die Mythologie des Genres mit definierte. Zu seinen bedeutendsten Filmen gehören Ringo (1939) von John Ford oder Rio Bravo (1959) von Howard Hawks, zwei Regisseure, aus deren Werk er kaum wegzudenken ist. Weltanschaulich vertrat Wayne die traditionellen Wertvorstellungen der Pionierzeit und wurde so zu einem überlebensgroßen amerikanischen Heldenbild. Er trat im Laufe seiner langen Karriere in 142 seiner 153 Filme als Hauptdarsteller auf. Geboren am 26. Mai 1907 in Winterset, Iowa, und gestorben nach langem Krebsleiden am 11. Juni 1979 in Los Angeles, hieß Wayne eigentlich Marion Michael Morrison. Seine Eltern Mary Alberta und Clyde Leonard Morrison waren Apotheker. Aufgrund der Lungenprobleme des Vaters zog die Familie Morrison 1911 ins mildere Klima Kaliforniens um, wo sie von da an eine Farm betrieb. Der Sohn unterstützte den Vater nachhaltig, da dieser sich mit der Farmarbeit schwer tat, und erlernte so bald den Umgang mit den Pferden. Selbst den Schulweg legte er bald im Sattel zurück. Zwei Jahre später gab Morrison die Farm wieder auf und eröffnete in Glendale, einem Vorort von Los Angeles, wiederum eine Apotheke, die die Familie jedoch kaum ernährte. Die Söhne Marion und Robert trugen Zeitungen aus, um das Einkommen mit zu tragen. Aus dieser Zeit stammt auch Waynes Spitznamen ‚Duke’, der auf den gleichnamigen Terrier zurückzuführen ist, mit dem er meist unterwegs war. Auch in Hollywood etablierte sich dieser Spitzname sehr zu Waynes Wohlwollen. Im Gebäude der Apotheke befand sich auch ein Kino, für das Wayne regelmäßig Handzettel austrug, woraufhin er freien Eintritt zu den Vorstellungen hatte. Hier erwachte Waynes Traum, selbst in der nahen Traumfabrik aktiv zu werden, was er in den benachbarten Triangle-Filmstudios verwirklichen konnte. Hier fand er seine ersten Kontakte zur Filmwelt. John Wayne besuchte die Glendale High School, wo er sich durch überdurchschnittliche Leistungen einen Namen machte. Bald avancierte der 1,93m große Hüne zum der Star des schulischen Football-Teams. Nach seiner Schulzeit war er auf Gelegenheitsjobs angewiesen, arbeitete als Aprikosenpflücker und Lastwagenfahrer. Seine wiederholten Bemühungen, an der U.S. Naval Academy aufgenommen zu werden, scheiterten. So schrieb er sich an der University of Southern California (USC) in Jura und Volkswirtschaftlehre ein. Umgehend wurde er auch dort zu einem anerkannten Football-Spieler. Ein unglücklicher Schwimmunfall beendete diese sich abzeichnende Karriere als Profisportler jedoch frühzeitig. Im Jahre 1926 begann er dann als Requisiteur im Fox-Studio.
Um sein Studium zu finanzieren, arbeitete John Wayne auf dem Fox-Gelände, wo ihm der Western-Star Tom Mix bald eine Stelle als Requisiteur besorgte. Wenig später konnte er seine Funktion bereits auf die Continuity ausweiten, wobei er auf die richtigen Abschlüsse während der Dreharbeiten zu achten hatte. 1926 tauchte Wayne unter seinem Geburtsnamen Marion Michael Morrison bereits als Komparse (Kleinstdarsteller) in zahlreichen Filmen auf. Zwei Jahre später war er in Hangman’s House in mehreren Szenen im Publikum eines Pferderennens zu sehen. Von da an nahm er auch bei seinem Freund John Ford kleinere Rollen an, ein Umstand, der als Grundstein einer einflussreichen und nahezu legendären Hollywoodpartnerschaft führte. Mit Ford würde Wayne später einige seiner wichtigsten Filme drehen. Es war der Hollywood-Professional Raoul Walsh, der dem Kleindarsteller Duke Morrison schließlich den Künstlernamen John Wayne verpasste. Unter diesem Namen übernahm er die Hauptrolle des Führers Breck Coleman in dem monumentalen Western Der große Treck (1930), die ihm trotz seines noch relativ junge Alters große Autorität verlieh. Die Folgezeit war geprägt von meist als billige B-Pictures gedrehte Western, sowie Film-Serials, die wöchentlich in Fortsetzungen zu 20 Minuten vor den Hauptfilmen im Kino liefen, darunter Hurricane Express (1932), Shadow of the Eagle (1932) und The Three Musketeers (1933). Wayne war zu jener Zeit noch kein Star im klassischen Sinne, so musste er sich mit einem geringen Verdienst von 75 Dollar pro Woche zufrieden geben. Dafür bekam er durch einige Stuntmen die nötigen Fertigkeiten des Westernhelden antrainiert, was ihm von da nan von großem Nutzen sein würde. Der große Treck war nach Der Planwagen (1928) zweifellos der erste Tonfilm-Western von epischem Format, seine Einspielergebnisse fielen jedoch unerwartet gering aus, so dass Wayne nicht auf eine Verlängerung seines Vertrages zählen konnte. In den frühen Western versuchte sich Wayne auch als singender Cowboy, er konnte aber nicht mit dem erfolg von Gene Autry konkurrieren. Eine neue Chance erhielt Wayne unter der Ägide von Harry Cohn bei Columbia Pictures, der den Genreschauspieler gegen den Strich in Gesellschaftskomödien besetzte. Die Auseinandersetzung über ein Starlet führt schließlich bald zum Bruch der Zusammenarbeit. John Wayne kehrte Columbia von da an den Rücken. Bei der Firma Mascot lernte er einen passionierten Stuntman kennen, Yakima Canutt, der Wayne die Technik der Filmschlägerei nahe brachte. Hier lernte der er auch jenen Western-typischen wiegenden Gang, der zu einem Markenzeichen seiner Karriere wurde und spätere Schauspieler zur Nachahmung motivierte (so berief sich Franco Nero bei seiner Darstellung des Italowestern-Helden Django auf ihn). John Wayne absolvierte die restlichen 1930er Jahre hindurch tatsächlich noch zahlreiche Auftritte in Western-Serials und B-Pictures, dies waren jedoch meist schematische Produktionen mit eindimensionaler Typenzeichnung, die seine Karriere kaum voran brachten.
John Wayne erlebte den Durchbruch mit Hilfe seines langjährigen Freundes und Förderers John Ford: Ringo – Höllenfahrt nach Santa Fé (1939) präsentiert ein archetypisches Modell für das Genre. Das Figurenensemble versammelt mit einem jungen Cowboy (John Wayne), einem eher tragischen Spieler aus den Südstaaten (John Carradine), einem Whisky-Vertreter (Donald Meek), einer hochmütigen Puritanerin (Louise Platt), einem alkoholkranken Arzt (Thomas Mitchell), einer Prostituierten (Claire Trevor), dem aufrechten Sheriff (George Bancroft), dem korrupten Bankier (Berton Churchill) und dem unflätigen, wenn auch gutmütigen Kutscher (Andy Devine) einen Mikrokosmos der frühen amerikanischen Gesellschaft nach dem Bürgerkrieg. Jedem dieser Charaktere kommt zu gegebener Zeit die entsprechende Funktion zu, alle geraten sie – zusammengepfercht in einer Postkutsche – durch die Bedrohung von außen, einen Indianerüberfall, in die gemeinschaftsstiftende Not. Mit dem Inneren der Kutsche konstituiert Fords Inszenierung also einen Innenraum, der sich in einem bizarr formierten Außenraum, dem ikonischen Monument Valley mit seinen unwegsamen Tafelbergen, bewegt. Dabei wahrt der in kontrastreichem Schwarzweiß gedrehte Film über weite Strecken strikt die Einheit von Ort und Zeit. So subjektiv die Darstellung der Indianer als Bedrohung hier noch erscheint (John Ford selbst hat später Revisionen dieses Themas gedreht), so effektiv löst sich die Inszenierung mehr und mehr in einem Rausch der taktilen Action und Bewegung auf. Er entspinnt das Spektakel auf allen verfügbaren filmischen und auditiven Ebenen und provoziert – zumal beim zeitgenössischen Publikum – einen affektbedingten Kontrollverlust, dem man sich in einigen Momenten noch heute nicht entziehen kann. Sorgsam reduziert auf ein für den Zuschauer klar durchschaubares polares Modell, betont Fords Inszenierung die Gegensätze von Innen und Außen, Nähe und Distanz, »zivilisiert« und »wild«, wagemutig und feige. Diese konsequent auf die Sensation hin inszenierte Sequenz bietet ein Grundmodell, das vor allem noch im postmodernen Actionkino reproduziert wird. Zur Erleichterung der Identifikation seitens des heterogenen Publikums wird hier eine ganze Reihe von Typen eingeführt, die im Moment der Krise nur noch als Notgemeinschaft funktionieren können. Das reicht von dem heroischen Typus (Ringo) über die mütterliche Hure (Dallas) bis hin zu dem wehrlosen Baby. Über diese Typen werden subtextuelle Konflikte integriert, prinzipiell jedoch dominiert die auf permanente Bewegung des Raums im Raum bauende äußere Handlung. Ringo ist ein Meilenstein des Western-Genres – und mit ihm wurde John Wayne endgültig zu jener wagemutigen, charismatischen Ikone, als die er in die Geschichte des Kinos einging. Dabei hatte sich Produzent Walter Wanger zunächst geweigert, einen B-Picture-Darsteller für die Hauptrolle zu verpflichten. Es blieb Ford überlassen, Wayne durchzusetzen. Ringo ist zugleich der Beginn einer die gesamte klassische Hollywood-Ära durchziehenden Reihe von Genre-Meisterwerken, die John Wayne in Zusammenarbeit mit Howard Hawks und John Ford erschuf. Die 1940er Jahre zeigten Wayne nicht nur in Western, sondern auch als Darsteller in Gesellschaftsdramen (Pittsburg, 1942) oder aufwändigen Abenteuerfilmen wie Piraten im karibischen Meer (1942), in dem Wayne als Tiefsee-Schatztaucher gegen einen Rieskraken kämpfen durfte. Cecil B. DeMille besetzte John Wayne hier erstmals in einer negativ konnotierten Rolle, die auf dem Höhepunkt eine positive Wendung erfährt. Zusammen mit Marlene Dietrich konnte er in Haus der sieben Sünden (1940) wiederum sein komödiantisches Talent beweisen. Während des 2. Weltkrieges verzeichnete der Kriegsfilm eine erste Blüte in Hollywood, und angesichts der strukturellen Ähnlichkeiten von Kriegsfilm und Western lag es nah, Wayne auch hier als aufrechten Kämpfer im Namen der Gerechtigkeit zu besetzen: Neben Alarm im Pazifik (1944) und Stahlgewitter (1945) fällt vor allem John Fords Schnellboote vor Bataan (1945) aus dem gewohnten Rahmen, denn dieser Film verweigert sich der vorhersehbaren Motive des Genres und zeichnet seine Protagonisten durchaus ambivalent. Auch ihre Siege bleiben letztlich bedeutungslos. Ford bewies, dass sich auch in diesem Genre eine kritische und andere Perspektive finden ließ – ähnlich wie in seinen späteren Kavallerie-Western mit Wayne, der sich offenbar gut für zwiespältige Rollen eignete.
Der Name John Wayne ist eng verknüpft mit den Namen John Ford und Howard Hawks, beides Filmemacher des classical hollywood, die von den Kritikern der französischen Fachzeitschrift Cahiers du cinéma in den 1950er und 1960er Jahren als Hollywood-auteurs, also Hollywood-Regisseure mit deutlicher eigener Handschrift und Weltsicht, gefeiert wurden. Mit Wayne in der Titelrolle drehten sie einige ihrer wichtigsten Filme und machten den Schauspieler wiederum zur unsterblichen Ikone. Nach Ringo war es vor allem Red River / Panik am roten Fluss (1948), mit dem Waynes Charisma weiter wuchs. Hier spielte er einen Rinderbaron, der eine riesige Herde von Texas nach Missouri treibt und dabei mit seinem Adoptivsohn (Montgomery Clift) aneinander gerät: Red River ist die Geschichte eines Generationenwechsels, vom Tyrannen zum besonnenen Taktiker, verkörpert in den Figuren des älteren Tom Dunson (Wayne) und den jungenhaften Matthew Garth (Clift), deren vielschichtiges Vater-Sohn-Verhältnis immer wieder straucheln muss. Dunson und sein Partner Groot erschließen 1839 einen texanischen Landstrich, um dort ein ertragreiches Weideimperium aufzubauen. Seine Braut Fen lässt Dunson zurück. Doch als die Männer bereits nachts Rauschschwaden in der Ferne sehen, scheinen sich düstere Vorahnungen zu bewahrheiten: Indianer haben Dunsons Lager überfallen, und bei einem von ihnen, der nun auch ihn angreift, entdeckt Dunson das Armband seiner Frau. Das Trauma dieses Fehlers – die Frau im Lager in Sicherheit zu wähnen –, wird den Mann nie mehr verlassen. In Cahiers du cinéma erzählt Drehbuchautor Chase: „Dunson baut ein Reich auf. Das Reich zerbröckelt. Wenn man eine solche Geschichte erzählt, wandelt man auf einem schmalen Grat. Wird man Dunson seine Sympathien erhalten?“ Für Howard Hawks war dieser Film die erste Zusammenarbeit mit John Wayne, für dessen Rolle zunächst Gary Cooper vorgesehen war, der jedoch zahlreiche Drehbuchänderungen verlangte, um den Charakter sympathischer zu gestalten. Wichtig ist dagegen gerade die unerbittliche, oft grausame Härte, die Waynes Dunson an den Tag legt, mit der er seine patriarchalischen Allmachtsbedürfnisse behauptet – vergleichbar allenfalls mit einem Kapitän Ahab aus Moby Dick, dessen Ende beinah zum Schicksal der gesamten Mannschaft wird, als ihn der Ehrgeiz unaufhaltsam in den Tod treibt. Erzählt in fast expressionistisch düsteren, kontrastreichen Schwarzweißbildern hat Red River das Image des Western in jenen Jahren wie auch des Hauptdarstellers nachhaltig geprägt. Weitere charismatische Rollen hatte Wayne in John Fords kritischen Kavallerie-Western, die meist als Trilogie begriffen werden: Bis zum letzten Mann (1948), Der Teufelshauptmann (1949) und Rio Grande (1950) besteht. Obwohl diese Filme den Kampf eines Kavallerieoffiziers gegen marodierende Indianer behandelt, finden sich in diesem Filmen bereits jene inszenatorische Ambivalenzen, die vor allem Fords Spätwerk prägen. Etwas leichter fiel dagegen Fords Western-Variante der Drei heiligen Könige aus: Spuren im Sand (1949) zeigt den Schauspieler einen von drei Outlaws („the three godfathers“ im Original), die sich unfreiwillig eines verwaisten Babys annehmen müssen, um dieses zu retten. Auch hier mischen sich menschliche Züge mit der harten Schale des Westerners. Auch die irische Boxer-Komödie Der Sieger (1952) schloss an diesen leichten Stil von John Ford an und verließ zugleich das Western-Genre: Im Zentrum steht hier neben Waynes sportlicher Präsenz die Liebesgeschichte mit Maureen O’Hara, wenn auch eine fast monumental gestreckte Schlägerei dem Film zu nachhaltiger Berühmtheit verhalf. Nach Red River kann vor allem John Fords Der Schwarze Falke (1956) als emblematisches Werk für beide Männer betrachtet werden. In diesem epischen, eine auf mehrere Jahre angelegt Geschichte erzählenden Western sehen wir John Wayne als den fanatischen Indianerjäger und Bürgerkriegsveteranen Ethan Edwards, der seine entführte Nichte suchen muss. In der Rolle des Ethan Edwards kulminieren alle schauspielerischen Qualitäten, die Wayne bis dahin etabliert und entwickelt hatte: die physische Präsenz, der Gestus des Western-Veteranen, die Spuren des Krieges an Leib und Seele, die martialische Kleidung (eine Mischung aus Uniformchic und Cowboypragmatik) und natürlich der zutiefst gespaltene Charakter des latenten Rassisten, der in einem ersten Impuls die wiedergefundene Nichte am liebsten erschießen würde, da er sie selbst als Indianerin wahrnimmt. Interessant ist das Ausagieren dieser Zwiegespaltenheit, pendelnd zwischen impulsiver Liebe und lange kultiviertem Hass. Auch Gegner und Skeptiker mussten hier anerkennen, dass John Wayne seine elementare Rolle gefunden hatte. Dazu kam eine von Ford streng stilisierte Bildwelt, die das existenzielle Drama vor den Felsen des Monument Valley ausgieren ließ und den Film bis heute als Kultfilm gelten lässt. Und die beiden Männer setzten diese Linie fort: Zusammen mit William Holden entstand der Bürgerkriegswestern Der letzte Befehl (1959). Anzeige
Gerade die 1950er Jahre waren, von diesen großen Erfolgen abgesehen, ein extrem produktives Jahrzehnt für John Wayne, der nahezu ununterbrochen vor der Kamera stand. Den Schwerpunkt bildeten Abenteuerstoffe (Der gelbe Strom, 1955, Die Stadt der Verlorenen, 1957) und Militärfilme (Jagdgeschwader Wildkatze, 1951, Der See-Fuchs, 1955, Düsenjäger, 1957), die das raubeinige Image des Schauspielers wiederholt verfestigten. Komödien waren eher selten (Links und rechts vom Ehebett, 1957). Ungewöhnlich war der eher durchschnittliche Western Man nennt mich Hondo (1953), der im zu jener Zeit beliebten 3-D-Verfahren gedreht wurde. Nachhaltige Wirkung negativster Art hatte die bizarre Besetzung des Mongolenfürsten Dschingis Khan in Der Eroberer (1956), für die Wayne nicht nur einen Golden Turkey Award in der Kategorie größte Fehlbesetzung aller Zeiten bekam. Die Dreharbeiten dieses Films fanden nahe eines wüstenartigen Atomtestgeländes in Utah statt, und es wird im Nachhinein vermutet, dass der frühe Krebstod zahlreicher Mitwirkender dieses Films auf die Präsenz im Strahlenverseuchten Gebiet zurückzuführen sei. 1959 war Wayne wiederum in einem Western von Howard Hawks zu sehen: Rio Bravo ist einer von Hawks ‚Belagerungswestern’. In der Rolle des Sheriffs John T. Chance muss das alte Rauhbein mit einem Säufer und einem gealterten Krüppel zusammentun, um eine Kleinstadt gegen eine Gangsterbande zu verteidigen. Rio Bravo teilt nicht die bittere Ernsthaftigkeit der großen Ford-Filme hat gar durch die Präsenz von Dean Martin Gesangseinlagen vorzuweisen und ist auch in den zahlreichen Actionszenen durchaus unterhaltend. Nicht zuletzt deshalb gilt dieser ungleich optimistischere Filme neben Red River und Der schwarze Falke als prototypisches Genrebeispiel. Die ironischen Brechungen hier, die in den späteren Filmen El Dorado und Rio Lobo fortgesetzt wurden, verweisen bereits auf den Spätwestern, der die klassische Phase des Genres abzulösen begann.
Der Niedergang des klassischen Western fällt mit der völligen Umstrukturierung des Hollywoodsystems zusammen. Um gegen die massive Konkurrenz des Fernsehens anzugehen, wurden in den 1950er Jahren vermehrt Großproduktionen umgesetzt, die jedoch seit 1960er vermehrt zu kommerziellen Misserfolgen gerieten. Ausgerechnet John Waynes Debüt als Regisseur mit dem texanischen Durchhalteepos Alamo (1960) fiel in diese Krise des epischen Erzählkinos. Da Wayne, der neben Regisseur auch Hauptdarsteller und Produzent des Projekts war, eine Menge eigene Finanzen verbraucht hatte, war er auf Jahre hinaus ruiniert und konnte im Folgenden nicht mehr als Produzent agieren. Was am texanischen Fort Alamo geschah, mag geeignet sein, Tapferkeit, Durchhaltewillen und Prinzipientreue zu glorifizieren, letztlich erscheint diese Perspektive in John Waynes Regie jedoch erschreckend eindimensional. John Wayne hatte seinen Ruf als amerikanischer Reaktionär bereits 1944 begründet, als er Mit-Begründer der Motion Picture Alliance for the Preservation of American Ideals wurde und in den folgenden Jahren und Jahrzehnten immer wieder als Propagandist der gemäßigten amerikanischen Rechten auftrat. Er wurde als amerikanischer Patriot bekannt und verteidigte auch als Privatperson jene traditionellen Wertvorstellungen, die er in seinen Filmrollen verkörperte. 1964 etwa unterstützte er die Präsidentschaftskampagne des ultrakonservativen Republikaners Barry Goldwater. Noch kurz vor seinem Tod plädierte er für den ideologischen Nachfolger Ronald Reagan, der 1980 Präsident wurde und bekanntlich mit seiner aggressiven Außenpolitik den Ost-West-Konflikt zu einem gefährlichen Höhepunkt führte. Dabei hatte Wayne 1968 das Angebot abgelehnt, als Präsidentschaftskandidat anzutreten, da er meinte, ein Schauspieler werde nicht von der Öffentlichkeit akzeptiert und könne daher nicht Präsident werden. Im Gegensatz dazu wurde Wayne immer öfter gegen den Strich besetzt: 1962 spielte er unter John Fords Regie in dem prägnanten, entmythologisierenden Spätwestern Der Mann, der Liberty Valance erschoss einen einst rauen Westerner, der sich in der modernen Welt nicht mehr zurecht findet und dem Alkohol verfällt. Sam Peckinpah schloss mit seinem melancholischen Sacramento (1966) an diese Tendenz an, die dem klassischen Western endgültig zum Ende verhalf. Im selbem Jahr wie Liberty Valance schien man diesen Umstand auf monumentalster Ebene reflektieren zu wollen und verplfichtete gleich mehrere Regisseur, darunter auch Ford, um das Cinerama-Epos Das war der wilde Westen umzusetzen. Hier spielte Wayne die vergleichsweise kleine Rolle des Bürgerkriegsgenerals William T. Sherman, was Erinnerungen an die früheren Kavalleriewestern wach rief. Berits im jahr darauf, 1963, endete Waynes Zusammenarbeit mit Ford nach über 30 fruchtbaren Jahren mit der vergleichsweise unbedeutenden Komödie Die Hafenkneipe in Tahiti. Läng hatte Howard Hawks diese Position in Waynes Schauspielerkarriere eingenommen. In dem mit leichter Hand erzählten afrikanischen Abenteuer Hatari geht es um eine Gruppe von Großwildjägern. Neben Henri Mancinis Soundtrack verhalfen die spektakulären Tierszenen und Stunts dem Film zu einem erstaunlichen Erfolg. Nach der Rio Bravo-Variante El Dorado mit Robert Mitchum endete 1970 mit dem Ende der Belagerungstrilogie Rio Lobo auch die lange Zusammenarbeit mit Hawks. Auch der Spätwestern war massiv von der Präsenz der zunehmend bärbeißig agierenden John Wayne geprägt. In den Filmen Die Comancheros (1961), Die vier Söhne der Katie Elder (1965), Die Gewaltigen (1967), Chisum (1970) und Die Cowboys (1972) variierte er seine etablierte Figur, wobei gerade letzteres Beispiel fast schon ironisch damit umgeht, denn hier befehligt er ein Gruppe wilder, jugendlicher Cowboys, die nach seinem Tod Rache nehmen und auf diese Weise erwachsen werden. Eine besondere Bedeutung erlangte der leicht komödiantische Western Der Marshal (1969), wo John Wayne als der einäugige, permanent betrunkene Marshal Rooster Cogburn zu sehen war. Für diese Rolle erhielt er seinen einzigen Academy Award als Schauspieler. Auch der Kriegsfilm war ein wichtiges Betätigungsfeld jener Jahre. Der längste Tag (1962 ) , wiederum von mehreren Regisseuren gedreht, erzählt die Ereignisse des D-day 1944 als episches Panorama mit respektabler Starriege. War dieser Film noch um eine angestrengte semidokumentarische Neutralität bemüht, verwies Wayne 1968 wiederum auf seine eigenen politischen Ambitionen. Mit Die grünen Teufel drehte er nach einem Roman von Robin Moore als Regisseur und Hauptdarsteller die deutlich patriotische Verherrlichung einer Militäreinheit im Vietnamkrieg. Dieser völlig kritiklose, atmosphärisch peinliche (er wurde durchweg in amerikanischen Wäldern gedreht) und militaristisch Film befürwortete den Krieg in Vietnam und machte Wayne zu einer Hassfigur der amerikanischen Kriegsgegner. Bemerkenswert ist, dass Wayne selbst aufgrund seiner frühen Sportverletzungen nie als Soldat diente – das Schicksal zahlreicher reaktionärer Kriegstreiber in den USA. Obwohl er in den frühen 1970er Jahren das Angebot erhielt, in Don Siegels Dirty Harry (1971) die Rolle eines brutalen aber aufrechten Polizisten zu spielen, lehnte er zunächst ab, drehte dann jedoch mit McQ schlägt zu und Brannigan – Ein Mann aus Stahl (1974) zwei Nachzieher dieses Erfolges, der Clint Eastwood endgültig zur neuen amerikanischen Ikone machte. Wie später sein Kollege Charles Bronson wirkte der sichtlich gealterte und übergewichtige Wayne in diesen Actionrollen jedoch eher tragisch. Don Siegel, selbst ein Liberaler, konnte das verbitterte Rauhbein schließlich doch noch für eine Hauptrolle gewinnen: 1976 ließ er John Wayne in dem melancholischen Spätwestern Der Shootist – Der Scharfschütze gleichsam sich selbst spielen. Als schwer krebskranker Revolverheld J.B.Brooks muss er gegen einige Outlaws und seine Krankheit ankämpfen. Obwohl er ersteren Kampf gewinnt, ist sein Schicksal besiegelt. Der Film lässt Books frühere Gunslinger-Karriere mittels kurzer Szenen aus Wayne-Western Revue passieren und betont so umso mehr den retrospektiven und ultimativen Charakter des Films. Bis zu seinem Tod drei Jahre später trat John Wayne nicht mehr in Filmen auf. Das Ende eines Revolverhelden Während John Wayne mehrfach als einer der erfolgreichsten internationalen Schauspieler ermittelt wurde, zeigte er wenig Interesse daran, seine meist eindimensional gezeichneten Charaktere zu variieren. Es war Regisseuren wie Ford und Hawks überlassen, diese Brüche in die Filme einzubringen. In seinen eigenen Arbeiten bewies Wayne, wie stur er tatsächlich war – ideologisch und inszenatorisch. Vermutlich eignete er sich gerade deshalb als die wahre reaktionäre Ikone eines traditionellen Amerika-Bildes. Wayne verstarb nach einer fünfzehnjährigen Krankengeschichte am 11.6.1979 in Los Angeles an Lungen- und Magen-Krebs. Schon im Jahre 1964 war ihm ein Lungenflügel entfernt worden. Obwohl es vermutlich einen Bezug zu den Dreharbeiten im atomversuchten Gebiet von Utah gibt, sah der Schauspieler selbst den Grund seiner Erkrankung in den drei bis vier Schachteln Zigaretten, die er täglich konsumierte. John Waynes Grab ist auf dem Friedhof Pacific View Memorial Park in Corona del Mar, Orange County, Kalifornien, zu finden. Sein Grabstein schmückt ein Relief des Schauspielers in Westerntracht zu Pferd: Er war die letzte wahre amerikanische Ikone des 20. Jahrhunderts: Der Shootist, der letzte Scharfschütze. Literatur Carpozi, George: John Wayne. Seine Filme – sein Leben. Heyne, München 1988 Grob, Norbert / Kiefer, Bernd (Hrsg.) / Stiglegger, Marcus (Mitarb.): Filmgenres: Western, Stuttgart 2003 Ricci, Mark Zmijewsky Boris und Zmijewsky Steve: John Wayne und seine Filme. München 1979 Nettelbeck, Uwe “Der Western und die amerikanische Rechte. John Wayne als Beispiel” in: Filmkritik, 5/ 65, S. 250-258, 298-299, Reprint des Jahrgangs 1965, München. Filmkritiker Kooperative 1976 Aissa Wayne with Steve Delsohn. John Wayne My Father. New York 1991 Judith Riggin. John Wayne: A Bio-Bibliography. Westport 1992. Emmanuel Levy. John Wayne: Prophet of the American Way of Life. Metuchen 1988. Michael Munn. John Wayne: The Man Behind the Myth. New York 2004.
http://www.johnwayne.com/ (Offizielle Website) http://german.imdb.com/name/nm0000078/ (Eintrag auf Internet Movie Database) http://www.thegoldenyears.org/wayne.html (umfassende Fansite) http://www.jwcf.org/ (John Waynes Stiftung zur Krebsbekämpfung) http://www.jwci.org/ (Institut für Krebsforschung, gestiftet von John Wayne)
Text geschrieben Januar 2010 für getidan.de
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