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Kommentar zum Film "Solaris"
The real power of the film comes from the anguish of Kris’ reawakened love for Hari—his willingness to do anything to hold onto her, even knowing she isn’t real. (Like Mizoguchi’s Ugetsu, this is a story about falling in love with ghosts). The alternation between color and black and white conveys something of this ontological instability, while the jittery camera explorations over shelves and walls suggest a seizure. Hari wonders aloud if she has epilepsy, and later we see her body horrifically jerking at the threshold between being and non-being. A gorgeous, serene floating sequence, when Kris and Hari lose gravity, offers another stylized representation of this transcendence borderline. (PHILLIP LOPATE)
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Tarkovsky selbst betont, dass sein Film nur bedingt zum science fiction Genre gehört. Das das Geschehen im "Weltraum" spielt lässt den Zuschauer erkennen, dass keine irdischen Massstäbe von Sein/Schein an die Erzählung angelegt werden kann. Eine Kette von Bildern und Szenen mit unverkennbar tieferer Bedeutung lassen den Zuschauer zuweilen atemlos und ratlos zurück.
Epilepsie ist bewusst als Chiffre eingesetzt. Die materialisierte Hari, die von sich selbst so wenig weiss und die immer wieder ausser Kontrolle gerät, fragt sich, ob sie nicht die Krankheit Epilepsie hat. Sie wacht aus einer ihrer Lebloszustände recht deutlich mit Kloni auf. Das Erwachen erfolgt in Fom sich steigernder Zuckungen - ein angedeuteter Grand mal-Anfall, der entgegen der klinischen Realität zum Bewusstsein und nicht zur Bewußtlosigkeit führt.
Die gesamte Handlung dreht sich um mentale Steuerung. Diese versagt auf der Raumstation über Solaris und vermutlich unter dem Einfluss des Planeten. Folglich lassen Kontrollverlust, Unordnung und Desorientierung das Forschungsprojekts der Solaristik scheitern. Es soll das Projekt doch wissenschaftlich und technisch Ordnung herstellen. Der Kurzschluss, dass sie schliesslich nur militärisch durch die Vernichtung des rätselhaften, der Vernunft nicht zugänglichen Macht garantiert werden loann, liegt nahe. Dieser Plan B spaltet die Gemeinde der Wissenschaftler.
Kris ist zunächst Anhänger der Kompromisslosen, deren Exponent auf der Station Sartorius ist. Snaut hat seine Würde verloren, weil er vom eingreifenden Wissenschaftler zum hilflosen Beobachter geworden ist, der gern mal über den Durst trinkt. Kris "bekehrt" sich aber. Er akzeptiert seine Schuld und sucht sie im Zusammenleben mit der wiedererstandenen Hari gut zu machen. "Solaris" gibt ihm eine zweite Chance, die er ergreift. Sein Elektroenzephalogramm kann von "Solaris" gelesen werden und führt zum Waffenstillstand zwischen "Bewusstseinssuppe" und Wissenschaftsfanatikern. Die materialisierten Erscheinungen hören auf. Kris kehrt heim und fällt dem naturverbundenen Vater wie der verlorene Sohn zu Füssen.
Hirnaktivität, die nicht nur der Logik verbunden ist, sondern das Auf und Ab von Anfällen gelten lassen kann, erweist sich als integrierend. Epileptische Anfälle bringen dann auch - im Gegensatz zu ihren medizinischen Analogien - Lebensenergie, Wachstadien hervor. Der Mensch mit Epilepsie kann als "andere Erfahrung" durchaus das Gewissen des Geliebten berühren. Nicht die Krankheit, die Art wie sie aufgenommen wird, entscheidet über Krise oder Chance.
Epilepsie in "Solaris" tritt so verkappt auf, dass man diese idealistische Sicht epileptischer Neuronentätigkeit herausinterpretieren muss. Sie wird kaum nahegelegt. Wirklichen Einfluss auf das Bild, das sich die Öffentlichkeit von Epilepsie macht, kann dieser Subtext des Films kaum haben. Immerhin werden die Zuschauer nicht mit den "Leiden" eines Grand mal konfrontiert und einer sympathisierenden Diskussionsrunde können die oben aufgezeigten Aspekte durchaus Ausgangsbasis für eine Epilepsiedebatte fern der Tragödie dienen.
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