Kommentar: |
ausgestrahlt: ARD, 5.1.2002
Im Film ""Fletchers Visionen"" wird Taxifahrer Jerry Fletcher gefoltert. Mit gewaltsam offen gehaltenen Augenlidern wird er grellem Scheinwerferlicht und rhythmischen Lichtblitzen ausgesetzt. Dr. Jonas injiziert ihm………es folgen weitere grausame Einzelheiten, die hier zum Glück nicht referiert werden müssen. Geht es doch nicht um den Film sondern um die Warnung einer deutschen Programmzeitschrift vor Gesundheitsschäden. In der Vorschau auf den Film heißt es: ""Einige Szenen ……… können bei einigen Personen (z.B. Epileptikern) zu Irritationen führen!""
Irritation erregt vor allen Dingen diese ungenaue Warnung. Es handelt sich nicht um einige Szenen sondern nur um eine einzige, zwei Minuten dauernde Szene, in der der arme Fletcher (und auch der Zuschauer) heftigen Lichtblitzen ausgesetzt wird. Bei Personen, die an Fotosensibilität (aber deswegen nicht schon an Epilepsie) leiden, können rhythmisch sich wiederholende Lichteffekte (Discolicht z.B.) epileptische Anfälle auslösen. Nur ein sehr kleiner Prozentsatz von Menschen mit Epilepsie (ca. 5 %) ist fotosensibel.
Zurecht gewarnt werden also Fotosensible (etwa jeder Viertausendsten von uns) aber nicht ausnahmslos Menschen mit Epilepsie, die ja nur ausnahmsweise fotosensibel sind. Wegsehen reicht übrigens, damit die Irritation nicht eintritt. Wer nicht weiß, daß er fotosensibel ist, kann durch Lichtblitze in Film und Disco höchst unangenehm darauf gestoßen werden. Ihm hilft keine Vorwarnung. Auf Fotosensibilität kann man sich leicht testen lassen. Ein gutes EEG-Labor ist darauf eingerichtet. Die Warnung vor Stroboskop-Licht (rhythmischen Lichtblitzen) hat etwas Neunmalkluges an sich. Unberaten - wenn auch ungewollt - diskriminiert diese Gesundheitsvorsorge alle Personen, die Epilepsie haben.
Immerhin wird man durch diese Warnung für Fotosensible mal wieder daran erinnert, wie gefährlich die Welt des Films für Leib und Leben sein kann. Leichtgläubige und Deprimierte, Ängstliche und Hypochonder, Überreizte und Übermüdete, Übermütige und Angeber, Nervöse und Apathische können/könnten zu Tode erschreckt, zum Falschverstehen veranlaßt, zum Übelnehmen verführt werden. Ist nicht der Film zuweilen realer als die Wirklichkeit? Machte die neunmalkluge Fürsorge in Programmzeitschriften Schule, müßte die Filmvorschau bald wie eine Erste-Hilfe-Anweisung gestaltet werden. Wer ""kein Blut sehen kann"" und dabei in Ohnmacht fällt, müßte eigentlich ganz vom Fernsehgenuß ausgeschlossen werden.
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