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Titel Ritus, Der
Originaltitel: Riten
Genre: Drama
Directed: Ingmar Bergman
Besetzung: Ingrid Thulin, Anders Ek, Gunnar Björnstrand
Kommentar: Epilepsie, Provokation, Gewalt Zunächst sitzen sich ein scheinbar wohlwollender Richter und drei scheinbar auskunftsbereite Angeklagte gegenüber. Aber bald erweist sich, dass der Richter seine Detailkenntnisse brutal und hinterhältig gegen drei Menschen ausspielt, die ihn mit Lügen und Verstellungskunst zu einem milden Urteil zu bringen suchen. Sebastian schreit dem Richter seine Verachtung ins Gesicht. Er entlarvt ihn als ressentimentgeladenen Triebbesessenen. Hans Winkelmann hingegen sucht vergeblich durch Entgegenkommen und schließlich durch Bestechung den Richter daran zu hindern, seine Frau ausführlich und ohne sein Beisein zu verhören. Aus seinen Unterlagen und dann aus den erzwungenen Eingeständnissen der drei Schauspieler weiß Abramssohn, daß Thea unter Druck in Psychosen gerät bzw. diese spielt. Von der holländischen Polizei wegen Geschwindigkeitsüberschreitung angehalten, hat Thea gezielt einen epileptischen Anfall gespielt, um diese zum mitleidigen Einlenken zu bringen. Sich ausziehend flicht sie in ihre Schauspielerei ebenso gezielt eine nymphomanische Komponente ein, die ihr sonstiges Verhalten ebenfalls bestimmt. Die richterliche Untersuchung enthüllt zum Schluß die perversen Neigungen des Richters. Während eines dramatischen Verhörs schlägt und vergewaltigt dieser Thea. Damit provoziert er bei ihr einen epileptischen Anfall. Mit seinem ganzen Tun legt er gnadenlos die psychischen und menschlichen Nöte der Schauspieltruppe offen und entlarvt sich selbst als Angeklagten mit Doppelmoral, einem jener Menschen, dem die obszönen Darstellungen der Truppe eigentlich gelten. Indem seine Opfer ihm die beanstandete Szene vorführen, versetzen sie ihn in höchste Erregung. Der Richter erliegt einem Herzschlag. Nach diesem Akt der Wahrheit und der Rache trennen sich die drei Schauspieler auf unbestimmte Zeit. Während sich Richter Abrahmsson aufgrund seiner uneingestandenen Zwänge in einen sexuellen Gewalttäter verwandelt, gelingt es den Schauspielern ihre traumatisierenden und quälenden Beziehungen auf der Bühne auszuleben. Unter dem Einfluß staatlicher Pseudomoral aber zerreisst ihr bis dahin aufrechterhaltenes zerbrechliches Beziehungsnetz. Gleich eingangs wird die Funktionalität von Theas "Epilpesie" hervorgehoben. Sie hat mit einem bizarren Anfall und hysterischem Verhalten versucht, die Truppe vor einem Strafmandat in Holland zu bewahren. Ihr Ehemann versucht vergeblich, sie daran zu hindern, ihre epileptische "Anfälligkeit" erneut auszuspielen. Er will sie vor dem Richter bewahren. Doch vorgeführt provoziert Thea bewußt? unbewußt? Abrahmsson zu seiner Vergewaltigung. Alles scheint mit einer gespielten (?) Hilflosigkeit Theas zu beginnen, die den Richter dazu bringt, sie zu schlagen. Danach wirft sich Thea so über einen Sessel, dass der Richter sie vergewaltigen kann, wozu sie noch auffordert, indem sie sich den Schlüpfer auszieht. Sehr bald während des Geschlechtsaktes scheint ein echter epileptischer Anfall einzutreten. Der Richter ruft voll Schrecken nach Hans Winkelmann, der im Nebenzimmer wartet. Theas halb geöffneter Mund wird gezeigt, in den Winkelmann ein gefaltetes Taschentuch mehr legt als zwängt. Abrahmsson will voller Wut und Angst eindeutige medizinische Auskunft über das Vorgefallene. Winkelmann ist ganz damit beschäftigt, seine Frau zu beruhigen. Die Gewaltanwendung des Richters scheint ihn nicht zu interessieren. Der Verdacht scheint begründet, dass er das Ganz bewusst hat geschehen lassen. Später bemerkt der Richter, dass die medizinisch Untersuchung Thea's, auf der er bestanden hat, keine Erkenntnisse gebracht hat. Und Winkelmann erwähnt kurz vor der Vorführung des "Ritus" vor dem Richter, dass seine Frau noch erschöpft ist. Unklar bleibt, ob der Anfall, während dem sie den Richter sexuell provoziert und welchen dieser zur Vergewaltigung ausnutzt, vollkommen gespielt, ein dissoziatives Verhalten oder ein organisch verursachter epileptischer Anfall ist bzw. in diesen übergeht. Die Verlaufsform des epileptischen Vorgangs spiegelt Theas Natur, die provoziert und erduldet, die das, was sie in der sexuellen Unersättlichkeit sucht (die Befriedigung, die Erfüllung, die Bestätigung) nicht erhält, es sei denn durch Gewalt. (Aufschlussreich dafür ist die entzaubernde, nicht zynisch, nur pragmatische Schilderung von Winkelmann, wenn er von Thea erzählt, die bei einem Geschlechtsakt auf den Höhepunkt zusteuert. Sie erreiche ihn, sagt er, nur durch extreme Gewaltanwendung. Starken Hände müssten zu Ende führen, was Zärtlichkeit und die natürliche Penetration bei ihr nicht erreiche. Wie immer Theas Epilepsie und die entscheidende Szene ihres Anfalls medizinisch zu beurteilen sind, Epilepsie erscheint als ein bewußt-unbewußter Zustand der Entäußerung und der Verführung. Der simulierte Anfall Thea’s nimmt folgenden Verlauf: A (sich einer Untersuchung materiell in den Weg werfen), B (Dramatik, bzw. Bizarres, befremdendes Verhalten annehmen), D (Verzicht auf therapeutische Maßnahmen). Der beim Verhör auftretende Anfall Thea’s hingegen läuft anders ab: A (Unterbrechen des Verhörs) B (die Anfallsfolgen belegen die Anfallsrealität) und C (Anfallsinhalt und -verlauf entpuppen sich als bewusste Täuschung). Dem gespielten Anfall folgt möglicherweise ein wahrer Anfall (dissoziativ oder organisch), der seinerseits die erste Phase des Anfalls als Spiel (möglicherweise) entlarvt. Hingegen ereignen sich B (unterbrechende, überzeugende Dramatik) und D (keine ernsthaften therapeutischen Folgen / Zweckdienlichkeit) erst gegen Ende. "Riten" ist nicht zuletzt ein Film über das Filmen. Das Spiel versucht, Gewalt über den Beschauer zu gewinnen. Der vorgeführte Ritus tötet schließlich den allzu betroffenen Beschauer. Dabei gewinnt aber auch die Verwicklung des Spiels Macht über seine Repräsentanten (und Erfinder). Der Anfall als Einladung zur Teilnahme geht in einem Anfall über, durch den der Anwesende in die Natur des Befallenen eindringt. Und dieser, wiewohl er den Eindringling zu Tode erschrickt und zum Unterbrechen zwingt, reißt den Repräsentanten in eine nicht mehr kontrollierbares, ihn selbst gefährdendes Geschehen hinein.
Jahr: 1969
Veröffentlicht: 25.03.1969
Land: Schweden

Handlung
In einem ungenannten Land führt der bestens informierte Richter Dr. Abramssohn die Untersuchung gegen das bekannte Schauspielertrio "Les riens" bestehend aus der psychisch labilen, epilepsiekranken Thea von Ritt, ihrem Mann Hans Winkelmann und ihrem Geliebten Sebastian Fisher. Die drei sind wegen der Pantomime „Der Ritus“ der Obszönität angeklagt. Die Doppelmoral und Obszönität des Richters ist aber das eigentliche Untersuchungsergebnis, das im Schauspiel der drei Angeklagten schon vorweggenommen war.


Stichwort
Epilepsiespielfilm, Expertenzuordnung, Krankheitsname fällt, Mit Anfall, Anfallsform benannt, krampfartiger Anfallsverlauf, Verstörung, simulierter Anfall, Hauptrolle

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